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Wirtschaft: "Die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen"

TAGESSPIEGEL: Herr Frenzel, wo machen Sie Urlaub?FRENZEL: Ich reise leidenschaftlich gern, habe aber zu wenig Zeit.

TAGESSPIEGEL: Herr Frenzel, wo machen Sie Urlaub?

FRENZEL: Ich reise leidenschaftlich gern, habe aber zu wenig Zeit.Wenn ich Urlaub mache, dann fahre ich nach Amerika oder Mallorca.

TAGESSPIEGEL: Mit der TUI?

FRENZEL: In mein Haus nach Mallorca fliege ich mit der Hapag-Lloyd.Nach Amerika nehme ich einen Linienflug, weil Hapag-Lloyd nur Kurz- und Mittelstrecken bedient.

TAGESSPIEGEL: Europas größter Tourismuskonzern heißt TUI und ist ein deutsches Unternehmen.Halten Sie das für einen Zufall, oder lieben die Deutschen ihr Land so wenig, daß sie es immerzu verlassen wollen?

FRENZEL: Das Gegenteil ist der Fall.Das Wirtschaftswachstum in unserem Lande ermöglicht es den Deutschen, zu reisen.Die Reiselust ist außerordentlich hoch, weil es uns wirtschaftlich gut geht.Wir sehen das an den Marktzahlen.Keine andere Nation ist so reisefreudig wie wir Deutschen, gefolgt von den Briten.Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.Der Tourismus bleibt ein Wachstumsmarkt.

TAGESSPIEGEL: Obwohl die Leute immer weniger Geld in der Tasche haben?

FRENZEL: Wenn man sich die Buchungszahlen dieses Jahres ansieht, dann wachsen wir nach wie vor zweistellig.Aber es gibt Differenzierungen.Wir haben ein starkes Wachstum in den unteren Preiskategorien und im oberen Segment, und wir haben uns mit unseren Marken darauf eingestellt."1-2-Fly", das preisgünstige Reisen anbietet, hat exzellente Zuwachsraten.Wachstum haben wir aber auch im qualitativ hochwertigen 5-Sterne-Bereich bei airtours und anderen.

TAGESSPIEGEL: Vielleicht sollten Sie ihrem Duzfreund Gerhard Schröder noch mal erklären, daß er die Mittelschicht stärker entlasten muß, damit die wieder mehr bei Ihnen bucht?

FRENZEL: Eine Politik, die die Kaufkraft stärkt, ist so gesehen in unserem Sinne.Aber auch ohne diese Unterstützung läuft das Geschäft gut.Sie müssen sehen: Urlaubsreisen sind unglaublich günstig geworden und deshalb für viele Leute ein unverzichtbarer Bestandteil ihres Lebens und ihrer Jahresplanung.Das wird auch so bleiben.

TAGESSPIEGEL: Mit zweistelligen Wachstumsraten?

FRENZEL: Die Wachstumskurve wird sicherlich abflachen, aber eine Stagnation droht nicht.

TAGESSPIEGEL: Wo wollen Sie wachsen?

FRENZEL: Wir werden im Tourismus einen Umsatz von 18 Mrd.DM im Jahr erwirtschaften und wir sind auf den wichtigsten Märkten präsent.Mit Thomas Cook und Carlson wollen wir uns jetzt auch in England positionieren - nach Deutschland immerhin der zweitwichtigste Markt in Europa -, wir sind in den Benelux-Ländern sehr stark, in Osteuropa beginnen sich die ersten Märkte zu entwickeln, und auch in Spanien, Italien und Frankreich, den früheren Urlaubszielen, läuft das Pauschalreisegeschäft an.

TAGESSPIEGEL: Bisher haben sich deutsche und englische Reiseveranstalter weitgehend in Frieden gelassen.Mit der Beteiligung an Thomas Cook und der Übernahme von Carlson haben Sie den Waffenstillstand gebrochen.Schlagen die Engländer jetzt zurück?

FRENZEL: Die Marktaufteilung verschwimmt, und die Unternehmen beginnen, sich untereinander zu verflechten.Britische Anbieter sind ja bereits auf dem deutschen Markt präsent.Nehmen Sie Frosch Touristik.An denen ist Britannia Airways, eine Thomson-Tochter, beteiligt.Aber Sie dürfen nicht vergessen: Die englischen Unternehmen haben sich erst in den letzten drei, vier Jahren gut entwickelt.

TAGESSPIEGEL: Wegen der niedrigen Preise?

FRENZEL: Der Durchschnittsreisepreis in England liegt bei 800 DM, in Deutschland bei 1200 DM.Aber die englischen Reiseveranstalter verdienen trotzdem gutes Geld.Sicher: Früher, in der Aufbauphase, hat man sich auf die eigenen Märkte konzentriert.Aber jetzt sieht die Sache anders aus: In unseren Hotels auf Mallorca betreuen wir sowohl deutsche als auch englische Gäste, um die Kapazitäten auszulasten.Früher hieß es immer, man könne deutsche und englische Urlauber nicht in ein Hotel stecken, aber das stimmt so pauschal nicht.Und es kommt noch etwas hinzu: Die Reiseziele sind unterschiedlich.Briten fahren zum Beispiel gern nach Portugal.Da sind Thomas Cook und Carlson stärker als wir.

TAGESSPIEGEL: Die Preussag kann inzwischen das gesamte Reisegeschäft - vom Reisebüro bis zum Last-Minute-Verwerter - aus einer Hand anbieten.Was um alles in der Welt wollen Sie denn jetzt noch kaufen?

FRENZEL: Die Wertschöpfungskette ist komplett, jetzt kommt es auf die Konsolidierung an.Im Vertrieb, bei dem wir früher Defizite hatten, sind wir heute gut bestückt - wir haben den Eigenvertrieb, die Franchise-Partner, die freien Vertriebspartner.Mit den Hapag-Lloyd-Reisebüros, der breiten TUI-Organisation und demnächst First - kartellrechtliche Freigabe vorausgesetzt - sind wir in diesem Bereich jetzt gut positioniert.Hier sehe ich keinen Handlungsbedarf mehr.Bei den Reiseveranstaltern haben wir mit der TUI eine starke Marke mit Qualitätsanspruch.Und mit Hapag-Lloyd-Flug haben wir einen exzellenten Carrier.

TAGESSPIEGEL:Der alle TUI-Gäste in ihre Ferienziele fliegt?

FRENZEL: Rund 50 Prozent der TUI-Gäste könnten wir mit der Hapag-Lloyd-Flotte befördern.Aber für Langstreckenflüge brauchen wir andere Airlines wie Condor oder LTU, weil sich Hapag-Lloyd aus Rentabilitätsgründen auf Kurz- und Mittelstrecken konzentriert.Außerdem greifen wir auf Drittveranstalter zurück, um die regionalen Flughäfen zu bedienen.Weil unsere Kapazitäten deutlich unter dem Gästeaufkommen liegen, laufen wir nicht Gefahr, Flüge verschleudern zu müssen.Das zu unserem Carrier.Unser Incoming-Geschäft - also das Angebot am Urlaubsort - ist gut und wird weiter verbessert.Wir fahren hier eine ganz klare Markenstrategie, die auf die TUI konzentriert ist und stocken unsere Angebote auf, etwa mit der Mietwagenfirma TUI cars.Der Urlauber bekommt alles aus einer Hand.Und dann sind wir natürlich im Hotelbereich sehr stark, mit 160 Hotels und über 80 000 Betten.

TAGESSPIEGEL: Das heißt, Sie helfen auch der Konkurrenz aus.

FRENZEL: Ja.Man kennt sich untereinander, und - bei aller Konkurrenz - ist es natürlich sinnvoll, zu kooperieren, um die Kapazitäten auszulasten.

TAGESSPIEGEL: Als sich die Tourimusbranche im vergangenen Jahr in die großen Lager Condor/Neckermann und Hapag-Lloyd/TUI teilte, hieß es, die kleinen Reisebüros und Carrier würden diese Konzentration nicht überleben.Sind sie die Opfer der Fusionswelle?

FRENZEL: Bisher gibt es keine Opfer.Die Eintrittsschwelle auf dem Reisemarkt ist sehr niedrig, Spezialveranstalter haben immer ihre Chance, und es wird niemals so sein, daß drei oder vier große Anbieter den Markt dominieren.Und was den Verkauf angeht, sind wir auf einen breiten, freien Vertrieb angewiesen.

TAGESSPIEGEL: Sind die Reisepreise deshalb so niedrig, weil Sie den Reisebüros die Provisionen kürzen?

FRENZEL: Das Geld wird verdient in den Hotels und auf den Flügen.Die Kunst besteht darin, bis zum Ende der Saison volle Flüge mit vollen Hotels zu kombinieren.Die entscheidenden Wettbewerbsfaktoren, um niedrige Preise erzielen zu können, sind: Größe, Vermarktungskraft und verfügbare Kapazitäten.

TAGESSPIEGEL: Wer zieht die Fäden bei der Preussag: Ihr Großaktionär, die Westdeutsche Landesbank unter Friedel Neuber, oder Sie?

FRENZEL: Wir haben ein gutes Verhältnis zur WestLB, aber die Strategie wird natürlich hier im Hause gemacht.Wir wären aber schlecht beraten gewesen, wenn wir von den Beteiligungen der WestLB an der TUI, an Thomas Cook und First keinen Gebrauch gemacht hätten.Die Tourismusbranche war früher mittelständisch strukturiert.In den letzten zwei, drei Jahren sind wir jedoch in eine Phase gekommen, wo der Investitionsbedarf so hoch ist, daß man industrielle Strukturen braucht.Und diese Chance haben wir ergriffen.

TAGESSPIEGEL: Wann geht Hapag Touristik Union an die Börse?

FRENZEL: Wir müssen in den nächsten Monaten erst einmal die Integration der HTU vollenden und dann gute Ergebnisse vorlegen.In den nächsten zwei Jahren ist der Börsengang daher kein Thema.Aber eines ist heute schon klar: Die unternehmerische Führung geben wir auf gar keinen Fall ab.

TAGESSPIEGEL: Der Tourismus lebt davon, daß man den Leuten immer was Neues bietet.Das führt dann zu solchen Merkwürdigkeiten wie "Paris per Pedes".Was kommt noch auf uns zu?

FRENZEL: Das Brot-und-Butter-Geschäft sind die klassischen Zielgebiete und die klassischen Reisen.Zusätzlich gibt es neue Segmente wie die Eventreisen.Aber das eigentliche Geld wird auch in Zukunft mit der Pauschalreise zu den zentralen Zielgebieten verdient.Das andere ist schön und macht die Marke glänzend.

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