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Wirtschaft: Die Renaissance der Telefonzelle

Die Telekom plant 10000 neue Säulen bis 2006

Berlin - Finnland ist Handyland Nummer eins. Als einziges EU-Land gibt es dort mehr Handyverträge als Einwohner, fast die Hälfte der Finnen besitzt keinen Festnetzanschluss mehr. Da überrascht kaum, dass schon in Kürze 50 Prozent der Telefonzellen abgebaut werden sollen, das Geschäft lohnt sich für die Telefongesellschaften offensichtlich nicht mehr. Wer braucht schon ein öffentliches Telefon, wenn mindestens ein Handy stets griffbereit ist?

Das scheint hier zu Lande anders zu sein, darauf lassen zumindest neueste Pläne der Deutschen Telekom schließen. Das Bonner Unternehmen kündigte am Donnerstag an, wieder mehr Telefonhäuschen aufzustellen. Ein Kurswechsel, die vergangenen 15 Jahre sahen anders aus. Kam es nach der Wende – im Osten musste eine flächendeckende Telekommunikationsstruktur erst geschaffen werden – anfangs zu einem Telefonzellen-Boom, wurden seitdem 30000 Apparate aus wirtschaftlichen Gründen wieder abgebaut.

Und nun das. 10000 neue Telefonzellen bis Ende 2006, davon allein für Berlin 400 bis 450. Sie sollen mit allen Zahlungsmitteln benutzbar sein, ob Münzen, Telefon-, Kredit- oder Bankkarten. Das ist bisher nur bei 20000 von den bestehenden 110000 Zellen möglich.

Eine Erklärung für die Renaissance der öffentlichen Fernsprecher klingt logisch. Durch die Verbreitung des Euro hätten Besucher aus dem europäischen Ausland stets die passenden Münzen dabei, sagt Frank Domagala, Sprecher der Festnetzsparte T-Com. Auch sind Auslandsgespräche vom Handy immer noch sehr teuer.

Aber was reizt Jugendliche an Telefonzellen, die diese laut T-Com zunehmend wieder nutzen? Eine halbe Minute im Ortsnetz oder 20 Sekunden Ferngespräch kosten zehn Cent. Handytarife sind nicht teurer. Auch haben die modernen Telestationen mit den kultigen „Gelben“ nicht mehr viel gemein. Die „schlanken Brüder“ sind grau-weiß-pinke Stahlsäulen, manche mit einem Glasdach. Mit 3500 bis 7000 Euro pro Stück sind sie preiswerter als ihre Vorgänger, die über 15000 D-Mark (knapp 8000 Euro) kosteten.

Interessant scheint eine Zusatzfunktion zu sein. Täglich würden schon jetzt von bundesweit 35000 Telestationen 5000 SMS verschickt, für 30 Cent pro Textnachricht. Oder 30 Pfennig. Denn wer schlau ist, verwendet noch bis Ende Oktober die frühere deutsche Währung, zum Schnäppchenkurs von eins zu eins. Und vielleicht wird die Aktion sogar verlängert: „Entschieden ist nichts, aber die Ampeln stehen auf Grün“, orakelt Domagala.

Juliane Schäuble

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