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Wirtschaft: Die S-Bahn für die Weltausstellung fällt wegen gravierender Mängel voraussichtlich aus

Der Bahntechnik-Hersteller Adtranz steht vor einem neuen Desaster. 40 Triebwagen der Baureihe ET 424, die zur Weltausstellung Expo 2000 im kommenden Jahr auf dem neuen S-Bahnnetz in Hannover rollen sollten, müssen wegen gravierender Mängel auf Abstellgleisen stehen bleiben.

Der Bahntechnik-Hersteller Adtranz steht vor einem neuen Desaster. 40 Triebwagen der Baureihe ET 424, die zur Weltausstellung Expo 2000 im kommenden Jahr auf dem neuen S-Bahnnetz in Hannover rollen sollten, müssen wegen gravierender Mängel auf Abstellgleisen stehen bleiben. Der Vorstandsvorsitzende der DB Regio, Klaus Daubertshäuser, räumt in einem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt, ein, dass die "Störungen und Mängel im sicherheitsrelevanten Bereich ... realistisch nicht mehr termingerecht behoben werden können". Deshalb bemüht sich die Bahn jetzt bei den Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen um Ersatzzüge für die Zeit der Weltausstellung.

Nach Angaben des niedersächsischen Verkehrsministeriums beeinflussen die überstarken Magnetfelder der Transformatoren die Signalanlagen. Zudem seien Risse in Längsträgern festgestellt worden. Aus diesem Grund hatte bereits Ende September das Eisenbahnbundesamt ein Fahrverbot erlassen.

Der ET 424 wird von Adtranz, Bombadier DWA und Siemens gebaut, Konsortialführer ist das Daimler-Tochterunternehmen Adtranz. Dessen Sprecher Hans-Christian Maaß sprach am Mittwoch auf Anfrage nur von "technischen Problemen, die wir möglicherweise noch in den Griff bekommen können". Zu Einzelheiten wollte er sich nicht näher äußern. Die Bahn und das Land Niedersachsen wollen jedoch nicht weiter abwarten und sind jetzt auf der Suche nach Alternativen.

"Die klappt nicht mehr", sagte am Mittwoch der erboste Verkehrsminister des Landes, Peter Fischer (SPD). Die Industrie habe zwar Lösungen angeboten, doch für einen ausreichenden Testbetrieb sei nun keine Zeit mehr. Er verlangt schnelle Abhilfe von der Bahn, "und wenn sie die Wagen aus Peking holen müssen". Fischer nannte die Probleme "eine unsterbliche Blamage für die deutsche Bahnindustrie".

Niedersachsen will das Konsortium jetzt regresspflichtig machen. Im Raum steht nach Ministeriumsangaben eine Vertragsstrafe in zweistelliger Millionenhöhe. Zudem deutete Fischer an, dass man überlege, in Zukunft im Ausland die Züge zu bestellen, "wenn die deutsche Bahnindustrie nicht in der Lage ist, pünktlich ordentliche Fahrzeuge abzuliefern". Das Land hatte die Kosten von insgesamt rund 250 Millionen Mark für die 40 Triebwagen fast vollständig übernommen.

Niedersachsen hatte für 1,2 Milliarden Mark ein 250 Kilometer langes S-Bahnnetz fertig gestellt, um den Besucherandrang zur Expo bewältigen zu können. 49 Bahnhöfe wurden dem ET 424 angepasst, damit man ein durch und durch behindertenfreundliches Verkehrssystem anbieten konnte. Daraus wird nun nichts: Der ET 423, der in den anderen Bundesländern ausgeliehen werden soll, hat einen 20 Zentimeter höher liegenden Eingang.

Carsten Löding

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