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Wirtschaft: Die Schnaps-Idee weckte die Konkurrenten auf

Kampf um Markenrechte und gegen ProduktpiraterieVON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANNMÜNCHEN.Hinter Produkt- und Markenpiraterie verbergen sich "nicht nur tonnenweise T-Shirts aus Tschechien," sagt Rechtsanwalt Volker Spitz.

Kampf um Markenrechte und gegen ProduktpiraterieVON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

MÜNCHEN.Hinter Produkt- und Markenpiraterie verbergen sich "nicht nur tonnenweise T-Shirts aus Tschechien," sagt Rechtsanwalt Volker Spitz.Es gebe auch im eigenen Land Fälle, wo Wettbewerber bewußt Markenrechte verletzen, stellt der Chef der Vereinigung zur Bekämpfung von Produktpiraterie (VBP) fest.Ein solcher Fall sei das alkoholische Mischgetränk "Limes", das derzeit über den Status eines Szene-Drinks hinauswachse.Erfunden und 1994 beim Deutschen Patentamt als Marke schützen lassen hat es der 34jährige Barkeeper Wolfgang Schulze-Boysen.Nun weckt die "Schnaps-Idee" Begehrlichkeiten in weiten Teilen der Spirituosenindustrie.Trotz Markenrechtsschutz bieten Größen der Branche wie die Dethleffsen-Gruppe, die unter anderem Bommerlunder produziert, oder Underberg seit 1996 selbst "Limes" an, kritisieren Spitz und Schulze-Boysen.Als vermeintlicher David will der "Limes"-Erfinder gegen die Goliaths der Spirituosenindustrie in die juristische Offensive gehen und den Rechtsschutz vor Gericht einklagen.Spitz macht klar, daß der Klageweg bis zu sieben Jahre dauern und bis zu 500 000 DM verschlingen kann. In anderen Wirtschaftsbereichen wird schon länger um Markenrechte gekämpft.So habe der US-Konzern Chrysler Anfang der 90er Jahre erfolgreich seine Namensrechte an der Marke Jeep verteidigt, als Suzuki und andere Hersteller eigene Geländewagen mit dieser Bezeichnung vom Fließband rollen ließen, erläutert der Markenrechtsexperte Spitz.Die drei Streifen der Marke Adidas seien fast täglich Gegenstand von Rechtsverletzungen.Auch die Sportschuhfirma setze sich dagegen mit Erfolg zur Wehr."Markenrechtsverletzungen sind eine neue Form der Produktpiraterie," meint Spitz mit Blick auf die Praxis.Auch renommierte Unternehmen würden zunehmend versuchen, vielversprechende Marken ohne Zustimmung der Markeninhaber zu nutzen, um Millionen DM für eigene Produkt- und Marktentwicklung zu sparen.Auf den Geschmack von "Limes" kommen Dethleffsen, Underberg und zehn weitere Nachahmer wohl auch wegen der allgemeinen Lage der Spirituosenindustrie.Der Branchenumsatz ging 1996 von 7,6 auf 7,5 Mrd.DM zurück, die Zahl der Betriebe von 119 auf 114, bilanzierte der Bonner Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie (BSI).Zuwachsraten haben derzeit im Bereich hochprozentiger Getränke nur wenige Sparten.Klarer Gewinner der letzten Jahre sind Softspirituosen, zu denen auch der 13,5 Prozent starke "Limes" zählt.Dieses Segment legte im Lebensmittel-Einzelhandel laut BSI mit über zwölf Prozent auf knapp 42,5 Mill.Flaschen 1996 am stärksten zu und ist hinter Korn und Weinbrand schon die drittgrößte Spirituosengruppe.Auch für "Limes" reklamieren Schulze-Boysen und sein Lizenznehmer Trend Drinks hohe Zuwächse, die im gesamten Getränkebereich nur mit denen der antialkoholischen Marke Red Bull vergleichbar seien.Auf rund 45 Mill.DM wird derzeit das Marktvolumen für Limes geschätzt. Wohin eine Marke kommen kann, zeigt das Beispiel des Cocktails Cuba Libre, der ebenfalls namentlich geschützt ist.Insgesamt sind beim Deutschen Patentamt über 50 000 Marken registriert.Schulze-Boysen mag sich nicht mit dem Gedanken abfinden, daß andere seine Mischung aus Wodka, Zitrone und Fruchtmark als Bestseller vermarkten."Es kann doch nicht sein, daß unsere Gesetze mit Bleistift geschrieben sind," meint der Barkeeper, dessen Original-"Limes" mit fünf bis zehn Prozent Marktanteil mittlerweile an den Rand gedrängt ist.Einen ersten Hinweis über den Ausgang des Markenrechtsstreits um Limes könnte das Deutsche Patentamt geben.Limes-Nachahmer haben dort dieses Jahr einen Löschungsantrag gegen die Marke gestellt.Mit einer Entscheidung rechnet Spitz 1999.

THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

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