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Wirtschaft: „Die Spekulationssteuer reizt zum Spekulieren“ Steuerberater Wawro: niedrige Abgabe auf Aktiengewinne

Aktionäre sollen ihre Kursgewinne künftig nur noch mit 7,5 Prozent versteuern. Ist das nicht eine offene Einladung zur Spekulation?

Aktionäre sollen ihre Kursgewinne künftig nur noch mit 7,5 Prozent versteuern. Ist das nicht eine offene Einladung zur Spekulation?

Das mit den 7,5 Prozent ist nicht ganz richtig. Auch Aktionäre sollen künftig 15 Prozent Spekulationssteuer zahlen allerdings nur auf den halben Gewinn. Insofern kommt unterm Strich eine Steuerlast von 7,5 Prozent heraus. Das ist in der Tat eine akzeptable Abgabe an den Fiskus und reizt zum Spekulieren.

Wie steht es mit Fonds?

Bei den Fonds ist die geplante Besteuerung undurchsichtig. Ich glaube, hier wird die Regierung noch einmal nachbessern müssen.

Wer Aktien oder vermietete Immobilien vor dem 21. Februar gekauft hat und sie dann weiterveräußert, soll auf den Verkaufspreis eine Pauschalsteuer von 1,5 Prozent zahlen. Halten Sie eine solche Regelung für zulässig?

Wer vor 20 oder 30 Jahren eine Immobilie gekauft und dann vermietet hat, wird sich heute bedanken. Allerdings dürfte man rechtlich wenig gegen die Besteuerung ausrichten können. Das Bundesverfassungsgericht hat in anderer Sache bereits entschieden, dass eine solche unechte Rückwirkung zulässig ist: Niemand sei gezwungen, seine Immobilie oder sein Aktienpaket zu verkaufen, meinen die Richter.

Sollten Eigentümer von vermieteten Immobilien ihre Häuser oder Wohnungen jetzt noch schnell verkaufen, um der Spekulationssteuer zu entgehen?

Noch gilt bei Immobilien eine Spekulationsfrist von zehn Jahren. Wenn diese abgelaufen ist, wäre ein Verkauf vor dem Inkrafttreten der neuen Steuerregeln steuerfrei und daher sinnvoll. Aber Sie müssen dann natürlich schnell einen solventen Käufer finden.

Mit Gewinnen ist bei Immobilien- und Aktiengeschäften derzeit kaum zu rechnen. Wie kann ich Verluste steuerlich nutzen?

Sie können Ihre Verluste mit Spekulationsgewinnen aus diesem, aus dem vergangenen und sogar aus künftigen Jahren verrechnen. Allerdings nicht mit Einnahmen aus anderen Einkommensarten wie Arbeitseinkommen oder Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.

Die Banken sollen künftig Kontrollmitteilungen an die Finanzbehörden schicken. Müssen Anleger, die in der Vergangenheit Zinsen und Dividenden oder Kursgewinne in ihrer Steuererklärung verschwiegen haben, damit rechnen, entdeckt zu werden?

Ja, das ist das eigentlich Brisante an den Kontrollmitteilungen. Wer plötzlich für 30 000 Euro Aktien verkauft und bislang weder Dividenden noch Kursgewinne versteuert hat, muss damit rechnen, dass das Finanzamt misstrauisch wird und nachfragt, wo das Geld herkommt. Auch, um Einnahmen aus Schwarzarbeit auf die Spur zu kommen. Ich kann mir vorstellen, dass Anleger mit größeren Vermögen, die in der Vergangenheit am Fiskus vorbeikassiert haben, in der nächsten Zeit einen großen Teil ihres Kapitals ins verschwiegene Ausland, etwa nach Österreich oder Luxemburg bringen werden.

Das Gespräch führte Heike Jahberg.

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