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Viele Studenten suchen verzweifelt Unterkünfte.

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Die Stadt entwickelt sich zum Ort für Reiche: Deutschlandweit fehlen eine Million Wohnungen

Ob in Berlin, Hamburg oder München: Laut Mieterbund und Studentenwerk wird das Wohnen in den größten Städten für viele unbezahlbar. Wenn nicht schnell zahlreiche Neubauten entstehen, müssen etliche Menschen wegziehen.

Von Maris Hubschmid

Berlin - In Brandenburg stehen immer mehr Häuser leer – und in Berlin herrscht Wohnungsnot. Schuld an beidem ist die Bundesregierung, behauptet der Deutsche Mieterbund (DMB). In den Städten schaffe sie keine Neubauten und auf dem Land, wo genügend Wohnraum vorhanden ist, keine Arbeitsplätze, sagte DMB-Präsident Franz-Georg Rips bei der Jahrestagung am Mittwoch. „Teure Mieten sind nicht vom Himmel gefallen“, warf er der schwarz-gelben Koalition vor. Desinteresse und Passivität der Politiker seien schuld an den Verhältnissen.

Die stuft der Verein zunehmend als dramatisch ein. Schon heute fehlten in Ballungsräumen 250 000 Mietwohnungen. 2025 könnten es eine Million sein, wenn nichts unternommen werde, prognostiziert der Mieterbund. Vor allem im mittleren und unteren Preissegment müssten dringend Wohnungen geschaffen werden. Junge Familien, Studenten und andere einkommensschwächere Haushalte könnten sich sonst das Stadtleben nicht länger leisten.

Kritischer noch als in Berlin sieht es in Hamburg und München aus. Um eine natürliche – und gesunde – Fluktuation innerhalb der Stadt zu ermöglichen, hält der DMB eine Leerstandsquote von drei Prozent für notwendig. Nach Berechnungen der Beratungsfirma Empirica sind es in Hamburg nur 0,7 Prozent, in München sogar nur 0,6. Bereits heute geben Deutsche mehr als ein Drittel ihres monatlichen Einkommens für die Wohnung aus – und die Tendenz steigt. Bei Neuvermietungen, zeigen aktuelle Umfragen, liegt der Quadratmeterpreis inzwischen bis zu 40 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Berliner Mietbremse ist zu lasch

Der Mieterbund fordert deswegen eine Obergrenze für Preiserhöhungen bei Neuvermietung. Diese sollen zehn Prozent nicht übersteigen. Bei bestehenden Mietverhältnissen dürfe die Miete um höchstens 15 Prozent in vier Jahren steigen. Die „Mietbremse“, die Berlin und auch Hamburg im Kampf gegen steigende Mieten veranlasst haben, ist daran gemessen zu lasch – sie erlaubt 15 Prozent Mietsteigerung schon binnen drei Jahren.

Dass bereits heute Studierende in Turnhallen übernachten müssen, Wohnungen in Innenstädten zwangsgeräumt werden und Menschen mit Anspruch auf Sozialwohnungen in Notunterkünften leben, hat mehrere Ursachen. In erster Linie drängen immer mehr Menschen in die Städte – doch über Jahre wurde in nahezu allen deutschen Großstädten zu wenig gebaut. Gleichzeitig werden zunehmend Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt.

Nicht nur in Metropolregionen, auch in kleineren Universitätsstädten wächst sich das jetzt zum Problem aus. Für die wachsende Zahl der Studenten fehlten zum Wintersemester 25 000 Wohnplätze, warnte am Mittwoch das Deutsche Studentenwerk in Bremen. „Es kann nicht sein, dass Bund und Länder die Studienplatzkapazitäten ausbauen, aber keine Wohnheime bauen“, kritisierte Generalsekretär Achim Meyer. Seit den 90er Jahren ist die Zahl der Unterkünfte kaum gestiegen – obwohl immer mehr Menschen studieren.Dass besonders kleinere Wohnungen kaum mehr verfügbar sind, ist auch dem steigenden Anteil an Single-Haushalten geschuldet – deren Summe stieg binnen zehn Jahren um knapp drei Millionen. Jeder Fünfte lebt allein.

Mieten als Wahlkampfthema

SPD, Grüne und Linke haben in ihren Wahlprogrammen die Wohnungsnot schon zum Schwerpunktthema gemacht. Neue Pläne von Bauminister Peter Ramsauer (CSU), die Eigenheimzulage wieder einführen zu wollen, bezeichnete Mieterpräsident Rips auf Nachfrage als „Griff in die allerletzte Mottenkiste“. mit dpa

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