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Wirtschaft: Die Starken werden stärker

Mit Kostenmanagement und Markenpflege überstehen die Konzerne die Krise/Weitere Pleiten befürchtet

Düsseldorf (dih/HB). In der Krise werden die Starken stärker: Nirgends hat die Realität diese Regel offensichtlicher bestätigt als in der Informations und Kommunikationstechnologie. Weltbekannte Anbieter und Börsenstars aus dem Boom der späten 90er sind vom Markt verschwunden oder bedeutungslos geworden. Das trifft zu auf klangvolle Namen wie den insolventen US-Telefonriesen Worldcom oder die Telekom-Ausrüster Lucent und Nortel. Währenddessen ziehen die Marktführer einsam ihre Runden: Nokia strebt unaufhaltsam auf einen Marktanteil von 40 Prozent zu und dominiert damit unangefochten den riesigen Weltmarkt für Mobiltelefone, während Ericsson trotz des Bündnisses mit Sony weiter Marktanteile verliert. Dell ist trotz der Fusion von Hewlett-Packard und Compaq der größte PC-Hersteller der Welt, Microsoft war nach dem Ende des Kartellverfahrens in den USA noch nie so stark wie heute, und auch SAP konnte gelassen zusehen, wie ein Herausforderer nach dem anderen verglühte.

Letzten Endes hat so die Marktbereinigung eine stärkere Konzentration in der Technologiebranche bewirkt als die Fusionswelle der Boomjahre. Und diese Bereinigung ist noch lange nicht zu Ende. Das gilt zweifellos auch für die Luftfahrtbranche, die von den Folgen der Terroranschläge des 11. September 2001 so hart getroffen wurde wie keine zweite. Mit Swiss air, Sabena und United Airlines stellen die Fluggesellschaften einige der prominentesten Pleitefirmen. Und es werden nicht die letzten bleiben, so viel zeichnet sich schon ab. Hier sind die Sieger die Unternehmen mit dem straffsten Kostenmanagement. Unter den etablierten Playern ist das die Lufthansa.

Toyota zählt zu den Gewinnern

Auch in Branchen, in denen es nicht so brutal abwärts ging wie in der Informationstechnologie oder der Luftfahrt, trennt sich jetzt die Spreu vom Weizen. In der Autoindustrie zum Beispiel zählt mit Toyota ein Konzern zu den Gewinnern, der mit seiner Effizienz die Maßstäbe für die Branche setzt und sich auf Wachstum aus eigener Kraft konzentriert. Aber auch kleinere und mittelgroße Autohersteller wie BMW und Porsche gehen deutlich gestärkt aus der Flaute hervor– dank weltweit begehrter Markenprodukte. Dafür kämpfen Massenhersteller ums Überleben, die weder besonders effizient arbeiten, noch ein starkes Markenimage haben. Zum Beispiel Fiat: Italiens größter Industriekonzern sucht verzweifelt den Ausweg aus der Krise. Überhaupt erweist sich die Macht der Marke in allen konsumnahen Bereichen als ausschlaggebend. Nicht umsonst ist Adidas 2002 auf dem besten Wege, der Top-Performer im Dax zu werden. Die drei Streifen sind weltweit populär, und das immunisiert das Unternehmen aus der fränkischen Provinz gegen die Krise. Ähnlich hat die Hamburger Beiersdorf AG ihre Marken, allen voran Nivea, weltweit zum Begriff gemacht und sich damit als krisenfest erwiesen.

Selbst im leidgeprüften deutschen Handel ging es keineswegs im Gleichschritt bergab. Branchenprimus Metro steigerte gegen den Trend Umsatz und Gewinn und profitierte dabei vom Auslandsgeschäft, während Karstadt-Quelle zurückfiel und mittelständische Händler wie Textilhandelsketten reihenweise aufgaben. Auch die führenden Konsumgüterkonzerne Unilever, Procter&Gamble und Nestlé haben in der Krise Marktanteile gewonnen und ihre guten Renditen verteidigt. Ihr Erfolgsgeheimnis ist, dass sie ihre besten Marken pflegen und ihr Produktportfolio permanent bereinigen und ergänzen. Eine kluge Portfolio-Politik und ein konsequentes Kostenmanagement sind auch die Stärken der BASF AG. Der Ludwigshafener Konzern ist einer der Jahresbesten im Dax und hat seine Führungsposition auf dem Chemie-Weltmarkt ausgebaut.

Was also verbindet die Gewinner des Krisenjahres 2002? Es ist vor allem die Langfristigkeit ihrer Strategien. Nachhaltige Kostenführerschaft, die Pflege der Marken und eine konsequente Globalisierung des Geschäfts.

Die Konzentration auf das Kerngeschäft hat sich hingegen nicht als pauschal anwendbares Erfolgsrezept bewährt. Investmentbanker und Analysten haben diese Strategie jahrelang mit dogmatischem Eifer verfochten - nicht zuletzt aus eigenem Interesse. Für Konglomerate hat sich der Weg der Fokussierung auch oft gelohnt. So beginnen Eon und RWE von dem Umbau zu internationalen Versorgungskonzernen zu profitieren, und haben zugleich eine sinnvolle Neuordnung der Ruhr-Industrie angestoßen.

Doch nicht für alle Konzerne hat diese Strategie gut funktioniert: Stark fokussierte Unternehmen erweisen sich als anfälliger für konjunkturelle Schwankungen als Konzerne mit einem austarierten Portfolio von Geschäftsbereichen. Ein gutes Beispiel für die Vorteile des Mischkonzerns findet sich auch im Dax: Während der schwerfällige Tanker Siemens mit seinem Produktangebot von Handys bis zu Kraftwerken Konjunkturzyklen immer wieder intern ausgleichen kann, werden die unter dem Jubel der Kapitalmärkte vom Mutterschiff ausgesetzten Schnellboote Infineon und Epcos im gegenwärtigen Sturm gewaltig hin- und hergeworfen und liegen im Dax 2002 ganz am Ende.

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