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Wirtschaft: Die Steuern sprudeln – noch

Bis Ende 2009 sollen es 8,3 Milliarden mehr sein

Berlin - Die schwächere Konjunktur wird die Einnahmen des deutschen Staates wohl vorerst nicht schmälern. In diesem und im nächsten Jahr werde das Steueraufkommen für Bund, Länder und Gemeinden um 8,3 Milliarden Euro höher ausfallen, als noch im Mai angenommen, erklärte der Arbeitskreis Steuerschätzung am Mittwoch in Hildesheim. Allerdings muss der Bund mit Einnahmeverlusten rechnen, während auf die Gemeinden angesichts der sprudelnden Gewerbesteuer ein deutliches Plus zukommt.

Zudem macht der erwartete Zuwachs nicht einmal ein Prozent der Einnahmen aus. Der Gesamtstaat dürfte in diesem Jahr 561,8 Milliarden Euro kassieren, berechneten die Schätzer. Das liegt an der weiter guten Lage auf dem Arbeitsmarkt sowie an den noch beträchtlichen Unternehmensgewinnen. Im kommenden Jahr sind trotz der wahrscheinlichen Stagnation Einnahmen von 572 Milliarden Euro angepeilt. Der Grund: Angesichts steigender Preise nimmt auch das Steueraufkommen bei Bürgern und Unternehmen zu.

Der Arbeitskreis Steuerschätzung tagt zweimal im Jahr und berechnet anhand der voraussichtlichen Konjunkturentwicklung, wie viel Geld dem Staat zur Verfügung stehen wird. Vertreten in dem Gremium sind Experten von Bund und Ländern, Forschungsinstituten, der Bundesbank und Statistischem Bundesamt. Ihre Berechnungen fließen ein in die Schlussberatungen des Bundestages über den Bundeshaushalt 2009 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2012.

Die jüngsten Berechnungen könnten sich aber schon bald als überholt erweisen. Denn das am Mittwoch verabschiedete Konjunkturpaket der Regierung ist noch nicht berücksichtigt. In den kommenden vier Jahren wird es die Haushalte mit insgesamt 23 Milliarden Euro belasten. Vor allem die Aussetzung der Kraftfahrzeugsteuer sowie der erhöhte Steuerbonus für Handwerkerleistungen dürften zu Buche schlagen. Nicht einbezogen sind zudem die Änderungen bei der Erbschaftsteuer, über die die große Koalition noch immer keine Einigkeit erzielt hat. Hinzu kommt, dass der Börsengang der Deutschen Bahn auf unbestimmte Zeit verschoben ist – und entsprechend auch kein Geld daraus eingeplant werden kann.

Zudem sprudeln die Steuereinnahmen nicht gleichmäßig. So dürfte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) zwar 2008 rund 400 Millionen Euro mehr einnehmen, als zuletzt erwartet. 2009 muss er dann aber 2,2 Milliarden Euro weniger einplanen. Dann „hagelt es aber rein“, sagte er. Bisher plant er, im kommenden Jahr 288,4 Milliarden Euro auszugeben. Dann müssten zusätzliche Schulden von 10,5 Milliarden Euro aufgenommen werden – wenn dieser Betrag angesichts der Finanzkrise nicht sogar noch wächst. Den ausgeglichenen Bundeshaushalt peilt Steinbrück nicht mehr wie bisher für 2011 an, sondern bis 2013.

Steinbrücks Kollegen in den Bundesländern dürften dieses Jahr 1,7 Milliarden Euro mehr und kommendes Jahr 300 Millionen Euro weniger verbuchen. Die Kämmerer von Städten und Gemeinden kommen 2008 auf ein Plus von 5,7 Milliarden Euro und 2009 auf 3,3 Milliarden Euro.

Politiker der Koalition reagierten erleichtert. „Das ist ein Beleg dafür, dass die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage derzeit mehr von Panik als von Realismus geprägt ist“, sagte der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter. Der Budgetentwurf müsse nur leicht korrigiert werden. Die Opposition hält die Prognose indes für zu optimistisch. Der FPD-Politiker Jürgen Koppelin sagte, die Risiken für den Bundeshaushalt 2009 würden verschleiert. „Bei realer Betrachtung ist eine Verdopplung der Neuverschuldung auf über 20 Milliarden Euro zu befürchten“, erklärte er. Der Bund der Steuerzahler kritisierte die Aufgabe des Konsolidierungsziels. Die Steuerschätzung zeige, dass 2011 sehr wohl ein realistisches Ziel für den Ausstieg aus der Neuverschuldung bleibe. Carsten Brönstrup

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