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Wirtschaft: Die T-Aktie ist ein „Schröder-Papier“

Über den Einfluss von Wahlen auf den Aktienmarkt: Unsichere Prognosen und schwankende Kurse machen Wetten riskant

Berlin. Zehn Tage vor der Bundestagswahl wächst auch bei den Anlegern die Spannung: Gibt es Schröder- oder Stoiber-Aktien, die vom Wahlsieg des einen oder anderen besonders profitieren werden? Hilft ein Sieg der CDU/CSU den Papieren von Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall und EADS oder den Titeln der Stromversorger, weil die Konservativen die Bundeswehr besser ausstatten und den Atomausstieg verzögern? Nützt umgekehrt den Aktien der Windenergie-Unternehmen ein Wahlsieg der Regierungskoalition? Zwar gibt es in Deutschland jede Menge „politischer Aktien”, doch ist der Wahlausgang zu unsicher und die Börse zu volatil (siehe Lexikon, Seite 22), um sagen zu können, ein Sieg der einen oder der anderen Partei sei schon in den Kursen enthalten.

Im Vorfeld der Wahl haben sich verschiedene Research-Abteilungen deutscher Banken mit den möglichen Szenarien beschäftigt – mit durchaus unterschiedlichen Ergebnissen. Bei Sal. Oppenheim ist man der Meinung, dass die aktuelle Debatte um die Finanzierung der Hochwasserschäden und der Aufwind für Schröders Bundesregierung bereits negative Auswirkungen auf die Kurse in Deutschland gehabt haben. „Ausländische institutionelle Anleger haben sich zurückgezogen", stellt Oppenheim-Stratege Ralf Zimmermann fest. „Der Anteil deutscher Aktien in internationalen Fonds war im August auf einem historisch niedrigen Stand." Gewinne doch die Opposition, könne der deutsche Aktienmarkt zumindest kurzfristig profitieren. Besonders konsumorientierte Werte könnten zulegen, wenn Stoiber, wie angekündigt, die Steuerreform wieder in Kraft setzt und die geringfügige Beschäftigung ankurbelt.

Andere Analysten wie Klaus Schlote und Sebastian Weser von Dresdner Kleinwort Wasserstein glauben, dass der Einfluss der Wahlen auf den Aktienmarkt heute viel geringer ist als noch vor 20 Jahren. Viele der großen börsennotierten Gesellschaften seien heute globaler ausgerichtet und damit weniger von den Entwicklungen in einzelnen Ländern abhängig. Schon im Mai haben die beiden die Wahlprogramme und ihre möglichen Auswirkungen auf einzelne Sektoren untersucht und festgestellt: „Die Programme geben einfach zu wenig her, als dass sich darauf eine mittelfristige Aktienstrategie aufbauen ließe.”

Tammo Greetfeld von der Hypo-Vereinsbank hat herausgefunden, dass ein Regierungswechsel eher positiv auf die Aktienmärkte in Deutschland wirkt. Bei einem Regierungswechsel seien größere Politikänderungen wahrscheinlich, daraus ergebe sich mehr Raum für Fantasie. In den Jahren, in denen seit 1965 die Regierung gewechselt habe, sei es an den Börsen bergauf gegangen. Im Jahr von Willy Brandts Sieg 1969 legten die Kurse um zwölf Prozent zu, beim Wechsel von Helmut Schmidt zu Helmut Kohl 1983 um knapp 30 Prozent, im Jahr von Schröders Wahlsieg 1998 stiegen Aktien um mehr als zehn Prozent. Dabei hatte der Aufwärtstrend immer vor der Wahl eingesetzt und sich danach fortgesetzt. Gegenbeispiel: Als 1980 Helmut Schmidt gewann, waren die Kurse bis zum Wahltag moderat um 3,4 Prozent gestiegen, danach ging es um 6,8 Prozent nach unten, so dass im Gesamtjahr ein Verlust von 3,4 Prozent anfiel. Allerdings fanden Regierungswechsel immer in wirtschaftlich schwachen Jahren statt. Die Bereitschaft zum Wechsel ist dann höher und die Märkte nehmen den kommenden Aufschwung vorweg. Die Commerzbank hat sich einzelne Aktien vorgenommen. T-Aktie und Aktie Gelb sind demnach „Schröder-Aktien”. CDU/CSU würden die Privatisierung weit aggressiver vorantreiben und Aktien verkaufen. Finanztitel wie die Allianz könnten von der Umsetzung der Riester-Rente profitieren. Ein Sieg des Atomfreunds Stoiber helfe dagegen dem Stromgiganten Eon. Der Alternativ-Energie-Boom wäre dagegen bald vom Winde verweht. Leidtragende wären Aktien von Plambeck, Energiekontor, Repower oder Umweltkontor. Susanne Schmitt

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