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Zu klein. In den USA ist die Telekom-Tochter nur der viertgrößte landesweite Anbieter. Mit Billigangeboten wirbt sie um Kunden. Foto: dpa

© dpa

Wirtschaft: Die Telekom hat keinen Plan B

Der Verkauf von T-Mobile in den USA ist geplatzt. Der Konzern erhält eine Entschädigung von sechs Milliarden Dollar.

Berlin - Es ist ein schwerer Rückschlag für die Telekom: Sie wird ihr Mobilfunkgeschäft in den USA nicht für 39 Milliarden Dollar (30 Milliarden Euro) an den Konkurrenten AT&T verkaufen. Beide Unternehmen geben ihr Vorhaben auf, weil sie keine Chance sehen, von der Regulierungsbehörde und der Wettbewerbsaufsicht eine Genehmigung zu bekommen. „Im Laufe der letzten Monate haben wir feststellen müssen, dass es in den USA keine Unterstützung für eine solche Transaktion auf Behördenseite gibt“, sagte Telekom-Chef René Obermann am Dienstag. Nun muss die Telekom die Probleme ihrer Tochter T-Mobile in den USA allein lösen, und sie bekommt keine 39 Milliarden Euro für den Schuldenabbau und den Netzausbau in Europa. Allerdings muss AT&T für das geplatzte Geschäft sechs Milliarden Dollar in bar und Sachmitteln als Ausfallsumme zahlen – das macht die Sache ein kleines bisschen leichter.

Das war vielleicht auch ein Grund dafür, dass die T-Aktie am Dienstag in der Spitze nur zwei Prozent abgab und bis zum Abend bei 8,83 Euro nur noch 0,6 Prozent im Minus lag.

T-Mobile hat in den USA einen schweren Stand, weil das Unternehmen der kleinste von vier landesweiten Anbietern ist – und das beliebte iPhone nicht im Angebot hat. Der Markt ist hart umkämpft, der Druck auf die Preise hoch. Zugleich sind in den USA enorme Investitionen nötig, um die Netze landesweit auszubauen und schnelle mobile Internetzugänge anbieten zu können. Je mehr Nutzer aber in einem Netz sind, desto schneller rechnen sich die Investitionen. „Ich sehe keine großen Wachstumsperspektiven“, sagte Analyst Rossen Koev von Independent Research. Der geplante Verkauf an AT&T sei daher eine gute Idee gewesen. „Ein Geschäft, zu schön, um wahr zu sein, wie sich jetzt herausstellt“, sagte Koev. Dabei hätte es sich auch für AT&T gelohnt – trotz des hohen Kaufpreises von 39 Milliarden Dollar. Denn das Unternehmen wäre zur klaren Nummer eins im Markt aufgestiegen und hätte zugleich einen Wettbewerber weniger gehabt. Genau das aber gefiel den US-Behörden nicht.

Seit beide Konzerne ihr Vorhaben im März ankündigten, hat die Unsicherheit über die Zukunft von T-Mobile dafür gesorgt, dass das Unternehmen weitere Kunden verlor. Die Zahl der lukrativen Vertragskunden sank binnen eines Jahres von 26,7 auf 25,6 Millionen Ende September. Und weil negative Auswirkungen absehbar waren, hatten T-Mobile und AT&T eine Ausfallzahlung vereinbart, für den Fall, dass das Geschäft platzen sollte. Die umfasst drei Milliarden Dollar in bar. Zudem darf T-Mobile das Netz von AT&T mehrere Jahre lang mitnutzen und bekommt Funkfrequenzen, die auf dem freien Markt nicht erhältlich sind. Analysten schätzen den Gesamtwert des Pakets auf etwa sechs Milliarden Dollar. Das sei die höchste jemals verhandelte Ausfallsumme, sagte Obermann.

Die zusätzlichen Frequenzen und die Mitnutzung des AT&T-Netzes verbessern zwar die Wettbewerbsfähigkeit von T-Mobile. Der Anbieter ist dann in zwölf der 20 wichtigsten US-Regionen und 128 Mobilfunkbereichen vertreten, die Zahl der potenziell erreichbaren Kunden steigt von 230 auf 280 Millionen. „Aber damit sind unsere Probleme insgesamt nicht gelöst“, musste auch der Telekom-Chef zugeben. Einen Plan B hat die Telekom aber nicht.

Welche Optionen gibt es? Theoretisch könnte die Telekom nun mit dem Wettbewerber Sprint/Nextel oder mit Kabelanbietern ins Geschäft kommen, meint Analyst Jochen Reichert von Warburg Research. Doch da Regulierer und Politiker keine Flexibilität und Diskussionsbereitschaft signalisiert hätten, glaubt er nicht, dass das Management sich erneut auf so einen unsicheren Transaktionsprozess einlassen wird. Auch einen Börsengang hält Analyst Koev kurz- bis mittelfristig wegen der aktuellen Lage am Finanzmarkt für unwahrscheinlich. Das gleiche gelte für den möglichen Verkauf an einen Finanzinvestor. „Schon gar nicht zu dem Preis, den AT&T geboten hat.“ Dass die Telekom ihre Tochter zerschlagen und die begehrten Funkfrequenzen sowie die Technik einzeln verkaufen könnte, sei zwar eine Möglichkeit, sagte Koev. Das jedoch würde sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und sei mit enormen Verlusten verbunden. Wahrscheinlicher sei, dass T-Mobile versuchen werde, neue Partner zu finden für die gemeinsame Nutzung von Netzen und für die Beschaffung. „Mit France Télécom hat die Telekom dabei in Europa gute Erfahrungen gemacht“, sagte Koev.

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