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Wirtschaft: Die Top-Titel der vergangenen Monate bleiben Favoriten

Supermann, der Held vergangener Kindertage, hat einen neuen Kollegen gefunden: Der Deutsche Aktienindex (Dax) schwingt sich seit Oktober vergangenen Jahres zu neuen Kurshöhen empor - und legte knapp 40 Prozent an Wert zu. Damit überholte er die Nebenwerte-Indizes M-Dax und Smax um Längen.

Supermann, der Held vergangener Kindertage, hat einen neuen Kollegen gefunden: Der Deutsche Aktienindex (Dax) schwingt sich seit Oktober vergangenen Jahres zu neuen Kurshöhen empor - und legte knapp 40 Prozent an Wert zu. Damit überholte er die Nebenwerte-Indizes M-Dax und Smax um Längen. Anfang Januar aber kam der Dax, kurz nachdem er zum ersten Mal die 7000-Punkte-Marke übersprungen hatte, ins Trudeln und verlor im Sinkflug innerhalb von wenigen Tagen fast 400 Punkte. Doch die Furcht vieler Analysten vor einer längeren und schmerzhaften Korrektur war unbegründet. Nach kurzem Atemholen schwang sich der Dax schon wieder in die Lüfte. Das Kursbarometer könne bis zum Jahresende auf 8000 Punkte klettern, sind Experten überzeugt.

Der Knick im Januar zeigt allerdings, dass Anleger starke Nerven brauchen: Kurseinbrüche bis auf ein Niveau von 6500 Zähler schließen Fondsmanager zurzeit nicht aus. Die Anleger werden im Verlauf dieses Jahres einige Kurskapriolen durchstehen müssen, da sich der Markt "sehr volatil", also sehr unruhig, entwickeln werde, sagen Experten. Als "überhitzt" bezeichnet Heiko Bienek, Leiter Aktienanalyse bei Independent Research in Frankfurt, den Markt für Standardwerte.

"So etwas hat man bisher nicht erlebt", räumt auch Kerstan von Schlotheim, Fondsmanager bei Adig, ein. Aktuell würden ganz neue Bewertungsniveaus als normal empfunden. Dagegen scheinen die Werte aus der zweiten und der dritten Reihe - also die Unternehmen im M-Dax und Smax - sehr günstig bewertet. Hier sehen Analysten und Fondsmanager noch Aufholpotenzial. Allerdings bleibt fraglich, ob die Anleger die Nebenwerte wirklich aus ihrem Dornröschenschlaf wachküssen, so lange der Dax von Rekord zu Rekord eilt. Ein Kurseinbruch könnte erhellend wirken, meinen Experten. In der Korrekturphase trenne sich die Spreu vom Weizen, sagt Heiko Bienek.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland sind aus Sicht der Experten jedenfalls sehr gut - und sie geben Hoffnung auf ein gutes Börsenjahr 2000. Der deutsche Aktienmarkt werde sich besser entwickeln als andere europäische Börsen, sind sich die Experten einig. Wiederum könne sich der europäische Markt besser entwickeln als die Börsen in Ostasien und Nordamerika, sagt Adig-Fondsmanager von Schlotheim optimistisch.

Zuversicht lösen neben der anspringenden Konjunktur in Euroland vor allem die Steuerreformpläne der Bundesregierung aus. Die Unternehmensgewinne könnten um bis zu 20 Prozent steigen, glaubt Heiko Bienek. Das mache den deutschen Aktienmarkt auch für ausländische Investoren attraktiv. Fusionsfantasien und geplante Aktienrückkäufe wirkten zusätzlich stimulierend, sagt Elga Bartsch von Morgan Stanley Dean Witter. Vom erwarteten Konjunkturaufschwung werden auch die zyklischen Titel, wie zum Beispiel Bayer, profitieren können. Die Euphorie zu Gunsten der konjunktursensiblen Werte hält sich aber in Grenzen: Fondsmanager betrachten sie lediglich als Ergänzung für ihr Portfolio. Sie setzen auch weiterhin auf die Top-Titel der vergangenen Monate: Deutsche Telekom, Mannesmann, Siemens und SAP.

Mit Nichtbeachtung strafen die Experten - von Ausnahmen abgesehen - die Automobilbranche sowie die Versorger. Nur vereinzelt raten Fondsmanager zum Kauf von DaimlerChrysler. Die Aktie habe Phantasie, wenn Dasa, Debis oder Adtranz abgestoßen würden, sagt ein Fondsmanager. So lange die Aktien noch von den positiven Unternehmensdaten aus dem vierten Quartal profitierten, sollte man auch an Verkäufe denken, sagt Heiko Feber von der Berenberg Bank in Hamburg. Später könnte die allgegenwärtige Zinsangst die Kurse drücken. Einen Anstieg der Renditen bis auf 5,95 Prozent für langfristig laufende festverzinsliche Wertpapiere hält Robert Halver, Chefstratege bei Delbrück, für absehbar. Je einfacher Geld sich risikolos am Rentenmarkt verdienen lasse, desto mehr verschlechtere sich die Stimmung am Aktienmarkt, meinen Experten. Als Auffangbecken biete sich der von Kursschwankungen weniger betroffene Pharmabereich an.

Michael Maisch, Petra Schwarz

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