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Wirtschaft: Die USA will sich am Schuldenerlass beteiligen - Abschluss der Jahrestagung von IWF und Weltbank

US-Präsident Bill Clinton hat einen umfassenden Schuldenerlass für einige der ärmsten Länder der Welt angekündigt. Auf der Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) sagte Clinton in Washington, er werde seine Regierung anweisen, einen hundertprozentigen Schuldenerlass zu ermöglichen.

US-Präsident Bill Clinton hat einen umfassenden Schuldenerlass für einige der ärmsten Länder der Welt angekündigt. Auf der Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) sagte Clinton in Washington, er werde seine Regierung anweisen, einen hundertprozentigen Schuldenerlass zu ermöglichen. "Einfach ausgedrückt: Unhaltbare Schulden tragen dazu bei, dass zu viele arme Länder und arme Menschen weiter arm bleiben", sagte der US-Präsident. Clinton beklagte, dass mehr als 1,3 Milliarden Menschen täglich von weniger als einem Dollar (knapp 1,90 Mark) leben müssen und dass fast 40 Millionen Menschen pro Jahr verhungern. "Ich hoffe, dass wir das neue Jahrtausend mit einer neuen Entschlossenheit beginnen, jedem Menschen der Welt durch Handel und Technologie, durch Investitionen in Bildung und Gesundheit eine Chance zu geben, am Wohlstand teilzuhaben", sagte Clinton. Dies sei ein wirtschaftlicher und moralischer Imperativ und habe für ihn höchste Priorität.

Die Kritik an Weltbank und IWF hat unterdessen eine Selbstbesinnung an der 19. Straße in Washington ausgelöst - dort residieren die beiden Institutionen. Was immer Weltbank und IWF an Initiativen und Projekten vorgelegt haben, es war auch unter dem Aspekt zu sehen: Wir werden noch gebraucht. Dass die Armutsbekämpfung jetzt einen "überragenden Stellenwert" gewinnt, hat etwas mit einem durchaus verständlichen Selbstschutz der Organisationen zu tun. Mit der Formulierung dieses neuen politischen Schwerpunktes gehen sie der regelmäßig wieder auftauchenden Frage aus dem Wege, ob sie überflüssig geworden sind - wie Nicht-Regierungsorganisationen seit 1994 unter dem Motto "Fünfzig Jahre sind genug!" unentwegt skandieren.

Doch das Programm des Armutsabbaus dient nicht nur der Selbstbehauptung. Solange Länder der Dritten Welt sich als "arm" betrachten müssen, solange sind sie vom wirtschaftlichen Wachstum auf diesem Globus ausgeschlossen. Solange sie "arm" sind, bieten sie für die Produktionsüberschüsse der Industriestaaten auch keine Absatzmärkte. China mit knapp 1,2 Milliarden Verbrauchern ist ein Beispiel: Weil die Chinesen arm sind, können sie sich die Güter des Kapitalismus nicht leisten, und zwar unabhängig davon, ob die rigide Regierung in Peking ihnen den Luxus erlaubt oder verbietet.

Der Armutsabbau ist wichtigstes Ziel der Schuldenentlastungsinitiative für die "Heavily Indebted Poor Countries". HIPC soll, wenn es im frühen 21. Jahrhundert zu Ende gebracht ist, den armen Ländern eine Beteiligung am wirtschaftlichen Wohlstand erlauben. Der Schuldenerlass, für den die reichen Nationen brutto etwa 70 Milliarden Dollar aufbringen, ist eine Voraussetzung. Die Armen sollen ökonomisch wieder atmen können. Da ist der gedankliche Sprung zur Einbeziehung des privaten Sektors in die Krisenprävention nicht weit.

Es steht außer Frage, dass die armen Länder ohne das Engagement des privaten Finanzgewerbes nicht ausreichend Mittel hätten, um notwendige Strukturreformen in Verwaltung, Wirtschaft und Versorgung, Erziehungsmaßnahmen und gesundheitsfördernde Programme in Angriff zu nehmen. Private Investoren, die wichtigsten Finanziers der Dritten Welt, haben zwar zu einträglichen Zinsen Kredite vergeben und damit gute Geschäfte gemacht. Aber die Dritte Welt war auf diese privaten Kapitalflüsse angewiesen, da das Geld aus öffentlichen Quellen immer mehr versiegt. Armut und Business gehen nicht immer eine partnerschaftliche Kooperation ein. Aber in der Dritten Welt wirken sie komplementär: Die armen Länder brauchen Kredite der Banken; die Geldgeber verdienen an den Risiken, die sie eingehen.

Dietrich Zwätz

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