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Wirtschaft: Die Welt braucht viel mehr Öl

Internationale Energieagentur fordert mehr Investitionen in die Förderung vor allem im Nahen Osten

Berlin - Die Nachfrage nach Energie wird in den nächsten Jahrzehnten weltweit dramatisch zunehmen – trotz der hohen Ölpreise, die bereits erreicht wurden. Die Internationale Energieagentur (IEA), die die Energiepolitik der großen Industriestaaten koordiniert, rechnet damit, dass der Bedarf bis zum Jahr 2030 um die Hälfte wachsen wird, sollte nicht weltweit gegengesteuert werden (siehe Grafik). Der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) werde dann um 52 Prozent über dem heutigen Stand liegen. Diese Trends würden wichtige Fragen aufwerfen, denn sie würden „in eine Zukunft führen, die nicht nachhaltig ist – sowohl aus der Sicht der Sicherheit der Energieversorgung als auch der Umwelt“, sagte IEA-Vize-Chef William Ramsay am Montag in London bei der Vorstellung eines neuen Weltenergieberichts der Organisation.

Aber auch wenn die Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien erreicht würden, wie sie zum Beispiel beim letzten Gipfel der acht größten Industriestaaten (G8) gesetzt wurden, müsste man mit einem deutlichen Anstieg von Energieverbrauch und CO2-Ausstoß rechnen, berechnete die IEA.

Fossile Energieträger – Kohle, Erdöl und Gas – werden weiter bei der Energieversorgung dominieren und wahrscheinlich auch 80 Prozent des zusätzlichen Bedarfs abdecken müssen, heißt es in der Studie. Besonders die sich entwickelnden Länder, allen voran China, werden deutlich mehr Öl nachfragen.

Allerdings ist sich die Organisation auch sicher: „Die Energievorräte der Welt reichen aus, um den erwarteten Zuwachs bei der Nachfrage zu befriedigen.“ Um die Quellen aber tatsächlich anzapfen zu können, sind große Investitionen notwendig. Die IEA schätzt die Summe bis 2030 auf 17 Billionen Dollar.

In der Studie, die jährlich herausgegeben wird, hat sich die IEA diesmal insbesondere mit den Förderländern im Nahen Osten und Nordafrika beschäftigt. Denn diese Region wird den größten Teil der zusätzlichen Ölnachfrage befriedigen müssen. Dort sind die größten Ölvorkommen, während andere Regionen wie etwa die Nordsee schon in wenigen Jahren kaum noch Öl liefern werden, weil die Quellen erschöpft sind.

Die IEA ist sich nach den vorliegenden Daten sicher, dass der Nahe Osten tatsächlich deutlich mehr Öl liefern kann. Allerdings räumt die Organisation auch ein, dass die Informationsgrundlage nicht befriedigend ist. Bessere und transparentere Daten seien ein „dringendes Problem“.

Aus heutiger Sicht müssten die Länder der Region ihre Ölproduktion bis 2030 um 75 Prozent steigern und ihre Gasförderung verdreifachen. Jedes Jahr wären dafür 56 Milliarden Dollar an Investitionen nötig. Das wäre allerdings mehr als doppelt so viel, als in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt in die Produktion gesteckt wurde.

Sollten die Investitionen tatsächlich so wie benötigt getätigt werden, dann rechnet die IEA bis 2010 mit einem deutlichen Rückgang der Ölpreise auf 35 Dollar – und danach mit einem leichten Anstieg auf – inflationsbereinigt – 39 Dollar bis zum Jahr 2030. Sollten es allerdings die nahöstlichen Länder nicht schaffen, das nötige Geld aufzubringen, oder es absichtlich – etwa aus Spekulation auf höhere Einnahmen – nicht mobilisieren wollen, dann rechnet die IEA mit einem deutlichen Preisanstieg. 2030 würde dann ein Barrel (159 Liter) Öl etwa 52 Dollar kosten – oder nach heutigem Wert, also nicht inflationsbereinigt, sechzig Dollar. Die Welt müsste also weiter mit teurem Öl leben.

Das würde jedes Jahr im Schnitt weltweit 0,23 Prozent an Wirtschaftswachstum kosten, hat die IEA berechnet. Und das würde wiederum für die Produzentenländer im Nahen Osten trotz der hohen Preise bedeuten, dass die Öleinnahmen insgesamt niedriger wären als bei höheren Investitionen und niedrigeren Preisen.

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