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Wirtschaft: Die Wirtschaft kommt in Stimmung

Ifo-Geschäftsklima-Index steigt im Juli unerwartet stark – jetzt gewinnt die Konjunktur an Kraft, sagen Fachleute

Berlin/Frankfurt am Main Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Juli stärker verbessert als erwartet. Der Geschäftsklima-Index legte von 94,6 auf 95,6 Punkte zu, teilte das Ifo-Institut am Dienstag in München mit. Die Unternehmen beurteilten sowohl ihre aktuelle Lage als auch ihre Aussichten besser. Die Bundesbank korrigierte ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum von 1,6 auf bis zu 1,8 Prozent nach oben. Auch in Europa dürfte der Aufwärtstrend anhalten, prognostiziert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die Börse reagierte mit Kursaufschlägen, der Deutsche Aktienindex Dax gewann 1,64 Prozent auf 3814 Punkte.

Der Ifo-Index gilt als das wichtigste Barometer für die wirtschaftliche Entwicklung hier zu Lande. Per Umfrage ermittelt das Institut allmonatlich die Geschäftslage bei rund 7000 Unternehmen und ihre Erwartungen für das kommende Halbjahr. Nimmt der Klima-Index dreimal in Folge ab oder zu, sprechen Fachleute von einer konjunkturellen Trendwende. Im Mai und Juni war er zurückgegangen. Ein Rückgang auch im Juli wäre also ein Signal für das Ende des Aufschwungs gewesen.

„Die Umfrageergebnisse sprechen für eine Fortsetzung der konjunkturellen Aufwärtsentwicklung im zweiten Halbjahr“, sagte Hans-Werner Sinn, Chef des Ifo-Instituts. Alle Branchen mit Ausnahme des Baugewerbes äußerten sich zuversichtlicher. Am stärksten verbesserte sich die Stimmung im Großhandel. Als „Lichtblick“ bezeichnete Sinn auch die Entwicklung im Einzelhandel. Das deute auf eine leichte Verbesserung der schwachen Binnenkonjunktur hin. Der Aufschwung wird seit Jahresanfang vom boomenden Export getragen. Der Konsum der Verbraucher und die Investitionen von Firmen im Inland hingegen waren nahezu unverändert schlecht.

Holger Schmieding, Europa-Chefvolkswirt der Bank of America, nannte die Ifo-Zahlen ein „gutes Zeichen“. Sie sprächen dafür, dass die Erholung auch im kommenden Jahr nicht abreißen werde, sagte er dem Tagesspiegel. Einen Boom dürfe man allerdings nicht erwarten. Nach den zuletzt stark gewachsenen Auftragseingängen der Industrie und der hohen Exportnachfrage nimmt auch bei der Deutschen Bundesbank der Optimismus zu. Deren Präsident Axel Weber korrigierte die Wachstumsprognose für dieses Jahr von bislang 1,6 auf knapp 1,8 Prozent nach oben. Diesen Schritt hatten zuvor bereits der Sachverständigenrat und mehrere Forschungsinstitute unternommen. Das Tempo der wirtschaftlichen Erholung sei „höher als erwartet“, sagte er in Frankfurt am Main. Dafür sorge im Wesentlichen der Export, die Binnennachfrage indes sei weiter schwach. Deshalb sei das Land „weit entfernt von einem selbsttragenden Aufschwung“. So werde die Erholung auf dem Arbeitsmarkt, die ab dem Jahresende einsetze, auch nur zu einem Plus von rund 15000 Arbeitsplätzen pro Monat führen.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) zeigte sich optimistisch: „Deutschland kommt zurück, wir sind auf dem Weg der wirtschaftlichen Erholung.“ Der Aufschwung werde in den kommenden Monaten an Breite gewinnen. Wenn die Binnenwirtschaft anziehe und die Weltkonjunktur mithelfe, sei kommendes Jahr ein Wachstum von mehr als zwei Prozent erreichbar.

Auch für die Länder der Euro-Währungsunion sind die Wachstumsaussichten gut. Zwar sei die Erholung bislang „zögerlich“ verlaufen“, wie die OECD feststellte. 2005 dürfte sich der Aufschwung aber beschleunigen, die Wirtschaftsleistung werde im Durchschnitt der zwölf Euro-Länder um 2,5 Prozent steigen. Jedoch seien Reformen auf dem Arbeitsmarkt nötig, damit Europa zu den großen Wirtschaftsblöcken der Welt aufschließe.

Einer dieser Blöcke, die USA, erleben bereits eine gut laufende Konjunktur. So zeigtne sich die US-Verbraucher am Dienstag so optimistisch wie seit zwei Jahren nicht mehr: In einer Umfrage des privaten Instituts Conference Board legte der Stimmungsindex von 102,8 auf 106,1 Punkte im Juli zu. Der Grund ist die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt – im ersten Halbjahr entstanden in den USA rund 1,27 Millionen neue Jobs.

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