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Wirtschaft: Die Zahlen täuschen

Carsten Brönstrup

Finden wir nun doch Anschluss an die Weltwirtschaft? Kommt der kräftige Aufschwung nach Deutschland? Schön wärs. Zwar korrigieren die Wirtschaftsinstitute ihre Wachstumsprognosen nach oben, eines nach dem anderen. Auch der Internationale Währungsfonds bescheinigt Deutschland eine starke Erholung. Aber was ist schon stark, wenn die Weltwirtschaft um vier Prozent wächst und die deutsche nur um zwei.

Das ist schon seit Jahren so: Wachstumslokomotiven sind die USA, Asien oder, in Europa, Großbritannien. Nur Deutschland kommt über ein Plus von anderthalb bis zwei Prozent nicht hinaus. Schuld daran sind der teure deutsche Sozialstaat, der lahme Arbeitsmarkt und die Lasten der Vereinigung. Ändern wird sich daran in nächster Zeit vermutlich wenig. Denn bis die Agenda2010-Reformen der Bundesregierung wirken und zu mehr Wachstum und Beschäftigung führen, werden noch einige Monate vergehen. Während dieser Zeit müssen Politiker und Experten aufpassen, dass sie sich nicht am Boom der Exportwirtschaft berauschen. Sicher, es ist beruhigend zu wissen, dass in Deutschland entwickelte Maschinen und Autos weltweit gefragt sind. Und eine Zunahme der Ausfuhren um neun Prozent in diesem Jahr ist eine stattliche Zahl. Doch sie täuscht. Denn sie rechnet der deutschen Wirtschaft Leistungen zu, die sie gar nicht selbst erbracht hat.

Immer mehr arbeitsintensive Komponenten, Vor- und Zwischenprodukte lassen die Firmen im kostengünstigeren Ausland fertigen. In den Fabriken zwischen Flensburg und Garmisch wird vieles nur noch zusammengeschraubt – und mit dem Siegel „made in Germany“ versehen. Das erklärt, warum selbst bei einem boomenden Export nur wenige bis gar keine neuen Jobs entstehen. Deshalb sind auch die Chancen schlecht, dass der Aufschwung bald auf die Binnenwirtschaft überspringt. Erst wenn die Unternehmen wieder hier investieren und fertigen, wird die deutsche Wirtschaft mit der Welt mithalten können.

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