zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Die Zeichen stehen auf Abgang

Ab Donnerstag sitzt der Chef der Deutschen Bank vor Gericht. Sein Nachfolger könnte ein Inder werden

Frankfurt am Main/ Berlin - In Frankfurt planen sie noch mit Josef Ackermann – zumindest beim Gebäudemanagement. Gerade wird sein künftiges Büro im 30. Stock des International Banking Center an der Frankfurter Messe hergerichtet. Die Deutsche Bank muss umziehen. Ihre 23 Jahre alte Zentrale, die beiden Zwillingstürme, sollen bis 2009 saniert werden. Ob Konzernchef Ackermann sich im kommenden Frühjahr allerdings wirklich an seinen neuen Schreibtisch in gut einhundert Metern Höhe setzen kann, ist genauso unklar wie die Zukunft der größten deutschen Bank.

Ab Donnerstag muss Ackermann auf der eher harten Anklagebank im Saal L 111 des Düsseldorfer Landgerichts Platz nehmen. Dort wird der Mannesmann-Prozess wieder aufgerollt. Neben Ackermann sind auch der ehemalige Mannesmann-Chef Klaus Esser, der Ex-Aufsichtsratschef Joachim Funk und der frühere Vorsitzende der IG Metall, Klaus Zwickel, angeklagt. Ihnen wird Untreue und Beihilfe dazu im Zusammenhang mit der 180 Milliarden Euro schweren Übernahme des Mannesmann-Konzerns durch den britischen Mobilfunker Vodafone im Jahr 2000 vorgeworfen. Die Aufsichtsräte Ackermann, Funk und Zwickel sollen unrechtmäßigerweise Prämien und Abfindungen in Höhe von 57 Millionen Euro an Esser und andere Topmanager genehmigt haben. Der erste Prozess vor zwei Jahren endete mit Freisprüchen. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil im vergangenen Dezember wieder auf. Noch einmal werden die Manager wohl nicht mit einem Freispruch davonkommen, sagen die meisten Beobachter. Die Bank und ihre Juristen arbeiten angeblich darauf hin, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldstrafe einzustellen. Das könnte Ackermann von seinem Versprechen befreien, im Falle einer Verurteilung zurückzutreten.

„Ackermann wird nur bei einer eindeutigen Verurteilung zurücktreten“, meint Mark Wahrenburg, Professor für Bankbetriebslehre an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Dann werde der öffentliche Druck zu groß. Einen vorbestraften Chef kann sich Deutschlands Vorzeigebank nicht leisten. Sollte Ackermann jedoch mit einer Geldbuße davonkommen, wäre er noch tragbar für das Unternehmen. „Jeder, der darauf Einfluss hat, weiß doch, was er für die Bank wert ist“, sagt Wahrenburgs Kollege Reinhard Schmidt, Professor für Internationales Bank- und Finanzwesen. Allerdings habe auch Ackermann Gegner im eigenen Haus. „Wer Erfolg hat, hat auch Feinde“, sagt Schmidt.

Und Ackermann hat Erfolg. In der Öffentlichkeit ist der 58-jährige Schweizer zwar als skrupelloser Profitmaximierer verschrien, der Milliardengewinne verkündet und gleichzeitig Tausende Mitarbeiter vor die Tür setzt. In der Branche genießt er dagegen hohe Anerkennung. Die Zahlen sprechen für ihn. „In Bankenkreisen ist Ackermann nicht beschädigt und war es auch nie“, erklärt Wahrenburg.

Auch wenn der wichtigste Mann der Deutschen Bank in den nächsten vier Monaten zwei Tage pro Woche im Düsseldorfer Gerichtssaal verbringen und in seiner Handlungsfähigkeit erheblich eingeschränkt sein wird: Im Unternehmen gibt man sich betont gelassen. „Die Stimmung ist gut, die Geschäfte laufen prima“, sagt ein Topmanager. „Man hat sich so lange darüber aufgeregt, jetzt wünscht man sich nur noch, dass es bald vorbei ist“, meint ein Kenner der Bank.

Trotzdem laufen sich die potenziellen Nachfolger schon mal warm; allen voran der Inder Anshu Jain, der in London mit großem Erfolg die Investmentsparte führt „In einer Bank wird man Chef, wenn man seinen eigenen Bereich erfolgreich geführt hat, und zwar vor allem finanziell erfolgreich“, sagt Bankenexperte Wahrenburg. Demnach müsste Jain die besten Chancen haben. Er erwirtschaftet mit seinem Team in London rund die Hälfte des Unternehmensgewinns und gilt als einer der mächtigsten Männer in der Bank.

Doch ein Inder und noch dazu ein reiner Investmentbanker an der Spitze der Deutschen Bank – das können sich viele nicht vorstellen. Der 43-jährige Kricket-Fan spricht kein Deutsch, seine Beziehungen zur deutschen Politik beginnt er gerade erst zu knüpfen. Jain gilt als unnahbar, in Frankfurt präsentiert er sich nur einmal im Jahr der Öffentlichkeit, auf der Bilanz-Pressekonferenz. Die Fähigkeit zum Spitzenjob in der Bank mag Jain haben, die Macht dazu auch. „Aber er ist politisch nicht tragbar“, sagt ein Spitzenmanager. Auch mit Geld kann man den Finanzexperten wohl nicht locken. Er soll bereits jetzt doppelt so viel verdienen wie Ackermann, der in den deutschen Führungsetagen mit zwölf Millionen Euro Jahresgehalt schon als Krösus gilt.

In Frankfurt rechnen deshalb einige mit einem deutschen Übergangskandidaten. Der 58-jährige Deutschlandchef Jürgen Fitschen, der auch bei den Investmentbankern hohes Ansehen genießt, wäre dafür der richtige Mann, heißt es in der Bank. Mittelfristig könnte auch Privatkundenchef Rainer Neske den Posten übernehmen. Neske kann große Erfolge vorweisen. Noch gilt der 42-Jährige aber als zu unerfahren, um die ganze Bank zu führen.

Eher als Jain wird den deutschen Kandidaten zugetraut, den schwierigen Ausgleich zwischen global orientierter Investmentbank und traditionellem Privat- und Firmenkundengeschäft zu bewältigen. Ackermann habe diese Balance gut gehalten, sagt Bankenkenner Wahrenburg. „Wenn diese Klammer wegbricht, ist das eine akute Gefahr für den inneren Frieden der Bank.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false