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Wirtschaft: Die Zeit der satten Provisionen ist vorbei: Jahrelang haben Fluggesellschaften und Bahn die Reisebüros verwöhnt, jetzt sollen die Kunden zahlen

Noch sind keine endgültigen Entscheidungen gefallen, doch dass sie kommt, ist gewiss: Die Servicegebühr im Reisebüro. Wer ab Anfang nächsten Jahres in seinem Reisebüro einen Flug bucht, wird dann wohl nochmal 30 Mark auf den Ticketpreis draufzahlen müssen.

Noch sind keine endgültigen Entscheidungen gefallen, doch dass sie kommt, ist gewiss: Die Servicegebühr im Reisebüro. Wer ab Anfang nächsten Jahres in seinem Reisebüro einen Flug bucht, wird dann wohl nochmal 30 Mark auf den Ticketpreis draufzahlen müssen. Für ein individuelles Reiseangebot wird gar eine dreistellige Summe als Gebühr für den Reisemittler fällig. Einen Schuldigen dafür haben die Reisebüros schon ausgemacht: Die Fluggesellschaften und die Bahn, die ihnen mit satten Provisionen jahrelang das Leben leicht gemacht haben, müssen nun sparen und fahren ihre Zahlungen an die Zwischenhändler zurück. So hält sich der Reisevertrieb an die Kundschaft.

Wenn man es grundsätzlich betrachtet, ist die Situation im Reisevertrieb schon kurios: Da lässt sich der Händler vom Hersteller dafür bezahlen, dass er dem Kunden die Ware zum Einstandspreis überlässt. Dass der Händler dabei wenig Anreiz hat, viel Zeit in die Beratung des Kunden zu investieren, liegt auf der Hand. Sogar der Deutsche Reisebüro- und Reiseveranstalterverband gibt zu, dass es den Mitarbeitern in den Reisebüros zum Großteil an verkäuferischen und beraterischen Fähigkeiten mangelt.

Anstatt sich durch Spezialisierung und qualifizierte Beratung unentbehrlich zu machen, haben sich die Reisebüros zu lange in der bequemen Situation als verlängerter Arm der Fluggesellschaften und Veranstalter eingerichtet - und sich damit im Grunde überflüssig gemacht. Mehr und mehr läuft der Reiseverkauf über das Internet, ein Geschäft, das zum einen die Fluggesellschaften beherrschen und zum anderen Branchenfremde wie etwa Microsoft. So greifen die Reisebüros nun in ihrer Hilflosigkeit zu einer Gebühr für die Beratung, die aber meist den Namen kaum verdient.

Die Initiative für die Servicegebühr geht dabei bezeichnenderweise nicht von den kleinen Reisebüros aus, die das Zubrot am nötigsten bräuchten. Vorreiter der Bewegung sind die großen Ketten. Ihr Kalkül ist klar: Wenn sie mit ihrer geballten Vertriebsmacht vorpreschen, wird der Rest der rund 16 000 Reisebüros ihnen folgen.

Damit bezahlt der Kunde letztlich die Quittung für die großen Fusionen in der Touristikbranche. Denn die spektakulären Zusammenschlüsse der jüngsten Zeit haben nicht nur die Zahl der unabhängigen Reiseveranstalter in Deutschland drastisch reduziert. Sie haben auch die vertikale Integration beschleunigt und so den Wettbewerb beim Verkauf der Reisen mehr und mehr ausgeschaltet. So verfügt etwa die Rewe-Tochter ITS nach der Übernahme des Reisekonzerns DER über 3600 eigene Vertriebsstellen. Die Hapag Touristik Union, die aus dem Zusammenschluss von Hapag-Lloyd und TUI entstanden ist, hat 1100 konzerneigene Reisebüros. Mit einer solchen Angebotsmacht kann man dem Kunden die Preise diktieren, anstatt ihn mit Leistung zu überzeugen. Damit steigt der Druck auf die unabhängigen Reisebüros. Die meisten von ihnen flüchten unter das Dach der Großen - wenn sie nicht gleich dichtmachen.

Einige wenige kleinere Reisebüros aber haben frühzeitig die Wünsche ihrer Kunden entdeckt und so lukrative Marktnischen gefunden. Da gibt es Agenturen, die sich auf die Beschaffung von Visa spezialisiert haben. Andere bedienen bestimmte Zielgruppen, wie etwa Tauchurlauber, Wellnessbegeisterte oder Kulturtouristen. Wieder andere erwerben sich Kenntnisse über bestimmte Länder oder Regionen. Sie bieten einen Service, der diesen Namen auch verdient und für den der Urlauber gerne ein paar Mark drauflegt.

Florian Kolf

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