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Wirtschaft: Die Zukunft schleicht sich an

Der Start von UMTS hat sich lange verzögert. Jetzt sind die Netze fertig – nur Kunden und Unternehmen sind noch nicht soweit

In Japan hat die Zukunft schon begonnen: 2,3 Millionen Menschen nutzen auf ihren Handys superschnelle Funktechnik, um Videos oder Musik zu versenden, ins Internet zu gelangen oder um zu spielen. FOMA heißt der Highspeed-Dienst – das ist UMTS auf Japanisch. Wenn am Mittwoch die weltgrößte Computermesse Cebit in Hannover beginnt, wird FOMA ein fernöstlicher Techniktraum bleiben. Hier zu Lande lässt UMTS immer noch auf sich warten. Die Mobilfunkfirmen werden nicht viel mehr als ihre schönen Pläne für die neue Technik vorstellen. T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2 werden ankündigen, wann sie mit der breiten Vermarktung von UMTS in Deutschland starten.

Selbst in Europa sind andere Länder da schon weiter. In Großbritannien liegt der Netzstart ein Jahr zurück, auch in Italien und Österreich hat der kommerzielle UMTS-Betrieb begonnen. In Deutschland werden die Firmen zunächst vor allem Geschäftskunden ansprechen – so wie es Vodafone mit der Datenkarte für das Laptop vormacht. Angebote für Privatkunden erwarten Experten erst in der zweiten Jahreshälfte.

Deutsche Kunden sind anders. So lautet die Begründung der Netzbetreiber für die zögerliche UMTS-Einführung. Hier erwarten Kunden mindestens den Komfort und die Qualität, die sie bisher im Mobilfunk gewohnt waren. Und einen Fehlstart durch enttäuschte Nutzer wollen die Betreiber auf Europas wichtigstem Markt vermeiden. Bis vor kurzem liefen aber weder die Netze einwandfrei noch gab es passende Endgeräte.

„Das Platzen der New-Economy-Blase hat die Entwicklung verzögert“, sagt Manfred Breul, Mobilfunkfachmann beim Branchenverband Bitkom. „Auch in der Mobilfunkbranche wurde das Geld knapper.“ Die Betreiber haben die Investitionen in die Netze zurückfahren. „Und bei den Handyherstellern hat der Druck, neue Telefone zu entwickeln, gefehlt, weil ohne ein Netz niemand die Handys wollte“, sagt Breul. Jetzt sind die ersten Netze in Betrieb und erste Handys da.

Aber die Kunden sind noch nicht soweit. „Die Mobilfunkindustrie steht vor einer ganz anderen Herausforderung als in der Vergangenheit“, sagt der Telekommunikationsexperte Roman Friedrich, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton. „Sie muss den Markt, den sie erschließen will, erst noch erschaffen.“ Bisher hatte die Branche nur ein Produkt zu vermarkten: die Übertragung von Sprache. Das musste man nicht erklären. Wer aber künftig mobile Datendienste über UMTS verkaufen will, muss gute Argumente haben. „Die Mobilfunkindustrie hat sich lange damit herumgeschlagen die technischen Probleme in den Griff zu bekommen“, sagt Friedrich. „Sie hat sich zu wenig mit den Anwendungen beschäftigt.“

Die Branche muss deshalb umdenken. „Die Betreiber müssen lernen, wie die Konsumgüterindustrie zu arbeiten“, sagt Friedrich. Videos, Musik, Spiele, Nachrichten, Zugang zum Internet und zu Firmennetzen, Kommunikation über Sprache, Bilder und E-Mail, all das kann über UMTS zum Kunden gebracht werden. Den Bedarf müssen die Firmen jetzt wecken. Und: „Bei den komfortablen Margen von mehr als 50 Prozent, die die Branche im Sprachdienst gewohnt ist, wird es nicht bleiben“, sagt der Berater. „Die Margen werden sinken, weil die Unternehmen viele maßgeschneiderte Produkte für immer kleinere Kundengruppen entwickeln müssen.“

Bisher gibt es nur einen Datendienst, der ein richtiger Erfolgsschlager ist: SMS. Der Anteil der Datendienste am gesamten Umsatz der Branche in Deutschland liegt heute noch bei etwa 17 Prozent – ohne SMS liegt er nur bei ein bis zwei Prozent. 2002 erreichten die Datenumsätze in Europa, USA und Asien ein Volumen von 32 Milliarden Dollar (rund 26 Milliarden Euro). Zum Vergleich: Der Umsatz mit Sprachdiensten lag bei 280 Milliarden Dollar. Nach einer Prognose von Booz Allen Hamilton wird die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate für Datenumsätze von 2002 bis 2007 bei 24 Prozent liegen – bei den Sprachdiensten vier Prozent.

Doch bevor UMTS richtig am Start ist, sieht mancher den Erfolg der teuren Technik schon durch andere Innovationen gefährdet. Auf der Cebit werden neben UMTS auch W-Lan und Wimax viel Aufmerksamkeit erregen. Beides sind breitbandige lokale Funknetze, die eine drahtlose Verbindung ins Internet herstellen. Die Reichweite von W-Lan beträgt etwa 60 Meter. Etwa fünf Kilometer reicht ein Wimax-Netz. Befürworter behaupten, dass die Technik wesentlich billiger sei als UMTS und man braucht auch keine teuren Lizenzen für den Betrieb. Nachteil: Der Nutzer ist nicht wirklich mobil, weil die Netze nicht flächendeckend sind. Im Gegensatz zu anderen glaubt Bitkom-Experte Breul sogar, dass W-Lan und Wimax die Entwicklung von UMTS eher beschleunigen, weil sie die Nutzung der Datendienste vorantreiben. Und Friedrich sieht nur 0,5 Prozent des Umsatzes mit breitbandigen mobilen Datendiensten durch W-Lan und Wimax bedroht. Friedrich glaubt fest an UMTS. Er nutzt es schon.

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