zum Hauptinhalt
Wertschöpfung. 70 Prozent eines Neuwagens stammen von Zulieferern, zum Beispiel Sensoren von Bosch – oder Komponenten des Dieselantriebs.

© picture alliance / dpa

Dieselgate: VW-Skandal macht Zulieferer nervös

Der Imageschaden nach dem VW-Abgasbetrug und der drohende Kostendruck machen der Automobilbranche zu schaffen. Weltmarktführer Bosch hat zuletzt mehr verdient - warnt aber vor einem schwachen Jahr.

Die Folgen des Abgas-Skandals treffen auch deutsche Zulieferer – nach Ansicht der Experten des Bankhauses Metzler aber weniger stark als befürchtet. Vor allem die Unternehmen, die Volkswagen beliefern, müssten mit stärkerem Preisdruck rechnen, sagt Hans Günter Wolf, bei Metzler für die Beratung von Unternehmenskäufen und -übernahmen in der Automobilindustrie zuständig. „VW will schließlich jedes Jahr drei Milliarden Euro einsparen.“

Der weltgrößte Automobilzulieferer Bosch fürchtet eine nachlassende Nachfrage nach Dieselfahrzeugen als Folge des Abgas-Skandals bei seinem wichtigen Kunden Volkswagen. „Wir machen uns gewisse Sorgen, in den Zahlen sieht man das noch nicht“, sagte Bosch-Chef Volkmar Denner am Dienstagabend in Renningen nahe Stuttgart. Der Zulieferer rechnet für 2016 ohnehin schon nur mit einem geringen Zuwachs der globalen Autoproduktion um ein Prozent. „Das wird kein starkes Autojahr“, prophezeite Denner. Sollten die Verbraucher durch die Schlagzeilen zu „Dieselgate“ weiter verunsichert werden, wäre eine noch schwächere Marktentwicklung zu befürchten.

Denner zufolge sind 50 000 der weltweit 375 000 Beschäftigten bei Bosch von Komponenten für Dieselmotoren abhängig. Die Bosch-Gruppe, die unter anderem auch noch Haushaltsgeräte, Elektrowerkzeuge oder Energietechnik für Gebäude verkauft, steigerte 2015 den Umsatz um rund zehn Prozent auf gut 70 Milliarden Euro. Das bereinigte Ergebnis vor Steuern und Zinsen belief sich auf 4,5 Milliarden Euro nach 3,7 Milliarden 2014. Die operative Rendite stieg damit leicht auf 6,5 Prozent.

Autoverband warnt vor Pauschalurteilen

Auch der deutsche Autoverband VDA befürchtet, dass der VW-Skandal die gesamte Branche und die Dieseltechnologie diskreditieren könnte. „Die Softwaremanipulation hat mit der Dieseltechnologie nichts zu tun“, sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann am Mittwoch auf dem Neujahrsempfang des Verbandes in Berlin. Die Branche müsse die Vorteile des Diesels für die CO2-Senkung stärker bewusst machen. „Meine Bitte: aus diesen Vorgängen kein Pauschalurteil über die Automobilindustrie und ihre über 800 000 Beschäftigten allein in Deutschland abzuleiten“, warnte Wissmann.

Metzler-Experte Günter Wolf erwartet als Folge des VW-Skandals keinen Einbruch beim Absatz von Dieselfahrzeugen. Vergleichbare Skandale in der Vergangenheit deuteten nicht auf eine solche Entwicklung hin. Abgasmanipulationen in den neunziger Jahren bei General Motors, bei Honda und Ford oder 2012 bei Hyundai Kia hätten die Verkaufszahlen kaum beeinträchtigt. Zudem spiele der Diesel mit einem Anteil von nur sechs Prozent am Neuwagenabsatz in den USA eine untergeordnete Rolle.

In Europa dagegen werde sich der Anteil der Diesel beim Neuwagenverkauf zumindest bis 2020/21 weiter bei 45 bis 50 Prozent halten. Schließlich seien die Emissionsziele trotz des zwar stärkeren Trends hin zu Elektrofahrzeugen nur mit Dieseltechnik erreichbar, sagt Wolf.

Bosch-Chef plädiert für unabhängige Kontrollen

Bosch-Chef Denner will um ein umweltfreundliches Image von Dieselmotoren kämpfen. Moderne Filtertechnik könne die Luft von Partikeln reinigen, erklärte er. „Bezüglich Partikelemissionen sind Dieselfahrzeuge sogar Luftreinigungsmaschinen – das ist kein Marketing-Gag.“ Bei Messungen seien bei einem Fahrzeug mit der neuesten Filtertechnik viel weniger Partikel ausgestoßen worden, als mit der Luft angesaugt worden seien. Die Industrie muss nach Ansicht Denners mit unangekündigten, unabhängigen Nachmessungen des tatsächlichen Stickoxidausstoßes bei Diesel-Pkw Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.

Der Einfluss der großen deutschen Zulieferer auf die Autoindustrie wird nach Einschätzung der Metzler-Experten nicht sinken. Bosch, Schaeffler, Continental und ZF Friedrichshafen würden wegen ihrer finanziellen Stärke mit Umsätzen von mehr als 30 Milliarden Euro pro Jahr eine aktive Rolle spielen. Aber auch starke Mittelständler wie Hella, Leoni, Mahle oder Brose werden nach Ansicht von Günter Wolf zu den Käufern in der Autozuliefererbranche zählen. Aktuell stehen dem Metzler-Experte zufolge etwa 600 kleinere Zuliefererfirmen unter Verkaufsdruck. mit mot, rtr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false