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Prof. Dr. Gesche Joost Universität der Künste Design Research Lab Wearable Technologies bei ihrer Präsentation beim Digital Science Match.

© Thilo Rückeis

Update

Digital Science Match in Berlin: Selbstfahrende Autos und intelligente Kleidung

Eine "Leistungsshow" aus dem IT-Bereich: 100 Wissenschaftler geben beim "Digital Science Match" pointierte Einblicke in ihre Forschung. Jeder hat nur drei Minuten Zeit.

Michael Müller ist entschlossen. „Wir müssen diese gute Phase nutzen“, ruft Berlins Regierender Bürgermeister ins Publikum. Mit „gut“ meint er das stabile Wirtschaftswachstum, die boomende Start-up-Szene in der Stadt, die Konzerne mit ihren Entwicklungsabteilungen und Wagniskapital anzieht. „Wir haben London beim Venture Capital überholt.“ Auch darum geht es an diesem Mittwoch im Kosmos an der Karl-Marx-Allee in Friedrichshain: Wie gelingt es, Geldgeber mit wissenschaftlichen Projekten, mit großen Unternehmen, mit jungen Unternehmern zusammenzubringen?

Eine „Leistungsshow“ soll das Digital Science Match sein, wie Tagesspiegel-Herausgeber Sebastian Turner zu Beginn sagt: 100 Wissenschaftler aus Berlin und Brandenburg erklären den 1250 Gästen, woran sie

derzeit im IT-Bereich forschen. Die Herausforderung: Jeder hat nur drei Minuten Zeit. Eine Uhr zählt auf der Bühne unerbittlich den Countdown runter, 30 Sekunden vor Ende wird ein lautes Räuspern eingespielt. Wer andererseits besonders fix ist, bekommt ein Lebkuchenherz mit der Aufschrift „I match di“ zur Belohnung. „Sie können das auch als Drittmittel der Hochschule einsetzen“, sagt Turner unter dem Gelächter des Publikums.

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Schnell wird deutlich, wie groß die Spannbreite der Forschung in Berlin ist und wie sehr die Digitalisierung nicht nur viele Fachbereiche, sondern den gesamten Alltag bereits erfasst und – oft schleichend – revolutioniert. Selbstfahrende Autos? „Die sollten schon zur BER-Eröffnung fahren. Die Autos waren fertig“, sagt der Informatiker Raul Rojas von der FU. Juristen beschäftigen sich bereits mit der Frage, wer bei selbstfahrenden Autos eigentlich haftet, wenn es Unfälle gibt. HU-Wissenschaftler erkunden, wie im Zuge der Digitalisierung Verkehrsströme optimiert werden können. Wirtschaftswissenschaftler wie Matthias Hartmann erforschen, wie sich Manager in der digitalen Wirtschaft neu aufstelle müssen: „Die digitale Revolution bedeutet eine Revolution im Denken.“

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Bei den Großthemen zur Digitalisierung – Big Data, Industrie 4.0 – ist die Berliner Wissenschaft ohnehin stark. Das soll auch so bleiben. 100 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich werde Berlin in die Ausstattung der Hochschulen stecken, sagt Müller. Zehn Jahre lang. Das soll nicht zuletzt den Nährboden für Unternehmensgründer verbessern. Viele Ideen, die aus der Wissenschaft kommen, werden zu kleinen Firmen, ihre Produkte bei Industriekunden und Konsumenten nachgefragt. Allein die Ausgründungen der TU erlösen gemeinsam 2,7 Milliarden Euro jährlich, sagt Jan Kratzer vom Centre of Entrepreneurship. 20 bis 30 dieser jungen Unternehmen entstünden jedes Jahr aus Forschungsprojekten der Technischen Universität. Und sie tragen zur Digitalisierung bei – wie Panono mit ihrer 360-Grad-Wurfkamera, Komoot mit ihren Geodaten für Fahrradfahrer oder Cringle mit digitalen Zahlungsdiensten.

Michael Müller erwartet Bekenntnis der Wirtschaft zu Berlin

Die Digitalisierung werde die Stadt verändern, sagt Michael Müller – den Verkehr, das Gesundheitsmanagement, die Verwaltung. Dabei gibt er zu, dass es Rückschläge gibt. So hat Berlin gerade die Absage aus Brüssel für millionenschwere Fördermittel im Zusammenhang mit Smart-City-Konzepten kassiert. Auch die Ausschreibung für ein Mittelstandszentrum Industrie 4.0 landete nicht in der Bundeshauptstadt. „Wir können nicht überall gewinnen“, sagt Müller und gibt sich kämpferisch. „Nur dabei zu sein, ist mir für die deutsche Hauptstadt zu wenig.“ Deshalb macht er das Thema nun zur Chefsache – die Senatskanzlei soll die Digitalisierung künftig koordinieren.

Bereits im Sommer hatten sich Politik, Wissenschaft und Wirtschaft in einem Arbeitskreis zusammengetan, um konkrete Maßnahmen zu beschließen. Ergebnisse soll es im November geben. „Das werden Dinge sein, die wir umsetzen werden“, betont Müller, „keine Aktenordner, die in meinem Büro verschwinden.“ So soll ein Citylab die Digitalisierung, ihre Auswirkungen auf den Alltag, Chancen, die sich daraus ergeben, für alle Berliner erlebbar machen. Am Ziel 100 IT-Professuren für Berlin werde ebenfalls gearbeitet, sagt der SPD-Politiker. „Auch wenn es wohl nicht ganz 100 werden.“ Von der Wirtschaft erwartet Müller ein Bekenntnis zu Berlin. „Ich will eine Aussage der großen Telekomunternehmen, dass sie den neuen Standard 5G zuerst in Berlin ausrollen.“

Forschung zu smarter Kleidung

Mit drei Minuten Redezeit kommt Müller nicht aus. Muss er aber auch nicht. Die Rednerinnen und Redner bleiben hingegen fast alle unter der Drei-Minuten-Grenze. Wissenschaft muss also nicht immer langwierig und kompliziert sein. Besonders schmissig gelingt Gesche Joost, Internetbeauftragte der Bundesregierung und Professorin an der Universität der Künste, ihr Auftritt. Sie forscht an „smarter Kleidung“: Das sind Pullis oder Jacken, die mitdenken. Kleine, in die Kleidung eingewebte Sensoren machen es möglich, dass ein Pullover auf Berührung reagiert. „Sie krempeln die Ärmel hoch, und schon geht auch die Lautstärke an Ihrem Smartphone hoch“, ruft Joost. Der Einsatz sei fast überall möglich: im Sport, in der Freizeit oder auch in der Medizin, wenn zum Beispiel Schlaganfallpatienten eine Strickjacke als „Notfalljacke“ nutzen können: Einmal am Bündchen ziehen, und schon wird einem Arzt signalisiert, dass ein Notfall vorliegt.

Werden wir so irgendwann selber zu Maschinen? Die Frage treibt auch Digitalforscher um. Großen Zuspruch fand jedenfalls der Design-Ingenieur Fabian Hemmert von der Universität der Künste. Er warnte vor der „DarthVaderisierung“ der Gesellschaft – und appellierte an die Zuhörer: „Bei aller Digitalisierung sollten wir am Ende noch Menschen bleiben.“

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