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Wirtschaft: DIHK bläst Ausbildungsinitiative ab

Eigenes Berufsausbildungsmodell soll es nicht mehr geben – Unternehmen nehmen lieber Zwangsabgabe in Kauf

Berlin (asi/bag/HB). Der Deutsche Industrie und Handelskammertag DIHK will nun doch keine eigene Initiative zur Sicherung von genügend Ausbildungsplätzen für Schulabgänger starten. Nach Informationen des Tagesspiegels hat sich der Berliner Dachverband nach Gesprächen mit den regionalen Industrie- und Handelskammern dazu entschlossen, das ursprünglich geplante Modell eines eigenen Systems der Berufsausbildung fallen zu lassen. Nunmehr soll das bestehende Modell der intensiven Werbung der Handelskammern bei ihren Mitgliedsunternehmen fortgesetzt werden, hieß es. DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun werde dies bei dem am Ende dieser Woche in Frankfurt (Main) stattfindenden DIHK-Ausbildungskongress bekräftigen. Unterdessen hat sich die Bundesregierung im Kampf gegen die drohende Lehrstellenkatastrophe direkt an die Unternehmen gewandt: In einem Brief an 100 000 Eigentümer und Spitzenmanager appellieren Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn, Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster (alle SPD), zusätzliche Lehrstellen zu schaffen oder generell mit der Ausbildung zu beginnen.

Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist dramatisch: Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit gab es Ende Mai 307 335 Bewerber ohne Ausbildungsplatz aber nur 136 039 Ausbildungsplätze. In Berlin-Brandenburg waren nach Angaben der Senatsarbeitsverwaltung Ende Mai 30 000 Lehrstellenbewerber gemeldet, die um 7700 offene Stellen konkurrieren. Morgen hat die Bundesanstalt für Arbeit bundesweit zum achten Mal einen „Tag des Ausbildungsplatzes“ ausgerufen, um das Defizit ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Der DIHK hatte erst vor wenigen Wochen eine überregionale Initiative geplant, mit der das Lehrstellenproblem gelöst werden sollte. Ziel war es, alle Jugendlichen mit einem Ausbildungsplatz zu versorgen. Geplant war, für die Sicherung von Ausbildungsplätzen für noch nicht versorgte Jugendliche regionale Fonds-Lösungen zu organisieren. Ob die Unternehmen, die keine Ausbildungsplätze bereitstellen, die Auslagen der Kammern später über höhere Beiträge finanzieren müssen, war noch offen. Ursprünglich sollte das System der Vorfinanzierung durch die Kammerorganisation auch in den Folgejahren immer dann in Kraft gesetzt werden können, wenn sich im Sommer herausstellt, dass es zu wenige Ausbildungsplätze für die Schulabgänger gibt. Dabei sollten allerdings keine dauerhaften Strukturen oder ein Fonds eingerichtet werden. Eine solche Lösung lehnt der DIHK mit der Begründung ab, sie führe zu einer „schleichenden Verstaatlichung der Ausbildung", weil sich immer mehr Betriebe „freikaufen" würden.

Wie es beim DIHK hieß, wolle man sich zwar der Verantwortung zur Schaffung von Ausbildungsplätzen nicht entziehen. Die Unternehmen würden einer drohenden staatlichen Zwangsabgabe jedoch gelassen entgegensehen. Eine solche Abgabe hatte die SPD bei ihrem Sonderparteitag Anfang Juni für den Fall beschlossen, dass es im Herbst erneut ein Defizit zwischen Schulabgängern und offenen Ausbildungsplätzen gibt. Vor allem die Gewerkschaften hatten von Bundeskanzler Schröder (SPD) mehr Druck auf die Unternehmen bei dieser Frage verlangt.

Während vor allem linke Kräfte in der SPD eine Ausbildungsplatzabgabe befürworten, hat Bundeswirtschaftsminister Clement (SPD) dies bisher abgelehnt. Auf die starke Position Clements in der Regierung setzen deshalb die Unternehmerverbände.

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