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ludwig georg braun

© Kai-Uwe Heinrich

DIHK: Ludwig Georg Braun: Der andere Präsident

Hölderlin und die Heilige Schrift, Weltmarkt und Wirtschaftspolitik – es gibt nicht viele Manager, die Geistliches und Weltliches so spielend unter einen Hut bekommen wie er. Ludwig Georg Braun verlässt nach acht Jahren den Wirtschaftsverband DIHK.

Berlin - Jeden Mittag um Punkt zwölf Uhr wird innegehalten, und zwar digital. „Die Sorgen sind wie Gespenster“, lesen die 38 000 Beschäftigten des Medizintechnikunternehmens B. Braun dann etwa auf ihren Bildschirmen. „Wer sich nicht vor ihnen fürchtet, dem können sie nichts anhaben.“ Oft geht es im Nordhessischen auch um Dinge, die nicht von dieser Welt sind, wie bei Hölderlin. „Die Linien des Lebens sind verschieden/Wie Wege sind, und wie der Berge Grenzen/Was hier wir sind, kann dort ein Gott ergänzen/Mit Harmonien und ewigem Ruhm und Frieden.“

Für die tägliche Besinnung sorgt der Chef, Ludwig Georg Braun. Hölderlin und die Heilige Schrift, Weltmarkt und Wirtschaftspolitik – es gibt nicht viele Manager, die Geistliches und Weltliches so spielend unter einen Hut bekommen wie er. Acht Jahre lang war er damit eine Besonderheit im Politikbetrieb, als Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), einem der großen Unternehmensverbände. An diesem Donnerstag scheidet der 65-Jährige aus dem Amt, weil er nicht erneut kandidieren darf.

Bei aller Vielseitigkeit pflegte Braun in Berlin zuvorderst die Pflichten des Lobbyisten: klagen, bemängeln, fordern. Deutschland sei angesichts der Globalisierung schlecht aufgestellt, war das Credo des Milliardärs und Marathonläufers. Damit verschaffte er sich Gehör, zumal während seiner Amtszeit die Krise die Regel und der Aufschwung die Ausnahme waren. „Länger arbeiten und weniger Urlaub machen“ sollten die Deutschen, riet er. Geringere Steuern, weniger Gesetze, mehr Geld für Bildung und Familien versuchte er den Regierungen abzutrotzen.

Für einen Paukenschlag sorgte er 2004 in einem Tagesspiegel-Interview, als er den deutschen Firmen den Gang ins Ausland nahe legte. „Ich empfehle den Unternehmen, nicht auf eine bessere Politik zu warten, sondern jetzt selbst zu handeln und die Chancen zu nutzen, die zum Beispiel in der Osterweiterung liegen“, hatte er gesagt. Einen „unpatriotischen Akt“ bescheinigte ihm daraufhin Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Ein Freund von Sozialdemokraten und Gewerkschaften zu sein, gehörte nicht zu Brauns Stellenbeschreibung. Für eine gewisse Reformmüdigkeit sowie das Gefühl vieler, vom Aufschwung nichts zu spüren, hat er wenig übrig.

Doch Braun verfiel nie in die Larmoyanz anderer Interessenvertreter, die sich vor jeder Kamera und auf jedem Podium sonnen – in den Polit-Talkshows im Fernsehen etwa war er nie zu sehen. Ebenso bei den Treffen zum seligen Bündnis für Arbeit im Kanzleramt. Seine Begründung: Die fänden sonntags statt – der aber gehöre der Familie. Carsten Brönstrup

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