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Wirtschaft: Diskussion im Grenzbereich

Kann der Deckenputz einer Wohnung tatsächlich zum Sonder- statt zum Gemeinschaftseigentum gehören?

WAS STEHT INS HAUS?

Wir bewohnen eine Eigentumswohnung in einem 1935 errichteten Altberliner Wohnhaus. Da durch Kriegseinwirkung zwei Geschosse zerstört waren, wurde es umfangreich in den 1950er Jahren wieder aufgebaut. So gibt es Stahlbetonrippendecken mit abgehängter Putzschale und Stahlbetondecken. Als nun die Putzschale einer Rippendecke eines Miteigentümers altersbedingt abfiel, entbrannte ein Streit darüber, ob es sich um Gemeinschafts- oder Sondereigentum handelt, weil in der Teilungserklärung der Deckenputz zum Sondereigentum gehöre. Wer hat nun welche Kosten zu tragen?

WAS STEHT IM GESETZ?

Nach dem Wohnungseigentumsgesetz ist das Wohnungseigentum in der Teilungserklärung nach § 5 WEG u. a. in Sonder- und Gemeinschaftseigentum aufgeteilt. In der Teilungserklärung soll geregelt sein, welche Bauteilschichten zum Sonder- oder Gemeinschaftseigentum gehören. Allgemein gilt, dass alle Bauteile und Bauteilschichten, die zum funktionalen Erhalt aus bautechnischer und baurechtlicher Sicht notwendig sind, Gemeinschaftseigentum darstellen. Da die untere Schale der Stahlbetonrippendecke erst in der Gesamtheit den zum Zeitpunkt der Errichtung erforderlichen Schallschutz erbrachte, gehört dieser Teil der Decke technisch zum Gemeinschaftseigentum. Da der Putz häufig auf Putzträger aufgebracht, diese Schale bildet, ist diese Schicht funktional notwendig. Sollte nun nach Ihrer Teilungserklärung der Deckenputz Sondereigentum sein, bestünde eine Diskrepanz zwischen der Teilungserklärung und der baupraktischen Bedeutung und Funktionsweise dieses Bauteils, weil ein Schaden am Deckenputz eines zweischaligen Deckenaufbaus dann unwillkürlich die funktionale Qualität der Decke unter das baurechtliche Maß reduziert. Der Deckenputz einer Stahlbetonmassivdecke in Ihrem Gebäude gehört zum Sondereigentum, da die Funktionssicherheit dieser Decke als baurechtliche Trennung in der Regel auch ohne Putz gegeben wäre. Der Putz beider Deckenarten ist demnach jeweils einer anderen Eigentumsform zuzuordnen.

UND WIE STEHEN SIE DAZU?

Da wie in Ihrem Fall die Teilungserklärung aus dem Jahre 1962 stammt, sind Unstimmigkeiten möglich. In den zurückliegenden Jahrzehnten wurden durch die Rechtsprechung häufig solche Unstimmigkeiten geklärt und das Wohnungseigentumsrecht entwickelte sich weiter. Sie können als WEG die Teilungserklärung einstimmig verändern, so dass sie baupraktisch umsetzbar ist. Nach jüngster Rechtsprechung kann bei einer technisch falschen Teilungserklärung eine Bauteilschicht dem Gemeinschaftseigentum zugeordnet werden, wenn sie zuvor in der Teilungserklärung als Sondereigentum beschrieben war. Ich empfehle, die Teilungserklärung baupraktikabel sinnvoll zu gestalten und möglichst eindeutige Formulierungen zu verwenden sowie bei unterschiedlichen Konstruktionsarten gleicher Bauteile differenzierte Erklärungen vorzunehmen.

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