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Kein Geld? Wer knapp bei Kasse ist, landet schnell in den Miesen.

© Thilo Rückeis

Dispozinsen: Die Kontoüberziehung wird billiger

Banken und Sparkassen geben die Leitzinssenkung der EZB an ihre Kunden weiter. Doch Verbraucherschützer sagen: Der Dispo ist immer noch viel zu hoch.

Geld ist in Europa so billig wie nie. Zumindest wenn man eine Bank ist. Gerade einmal 0,25 Prozent müssen die Kreditinstitute der Europäischen Zentralbank (EZB) seit der jüngsten Senkung der Leitzinsen zahlen, wenn sie sich bei der Notenbank Geld borgen. Und auch bei Kreditgeschäften untereinander kommen Banken und Sparkassen günstig davon. Der Drei-Monats-Euribor, der Zinssatz, zu dem sich Kreditinstitute untereinander Geld leihen, liegt bei gerade einmal 0,21 Prozent.
Ganz anders sieht die Sache aus, wenn Privatleute ihr Konto überziehen. Hier werden locker zehn Prozent und mehr fällig, bei der Targobank sogar knapp 14 Prozent. Noch teurer wird es, wenn man sein Konto über den vereinbarten Disporahmen hinaus belastet. Dann drohen Zinssätze von 15 Prozent und mehr. In Einzelfällen sogar von über 22 Prozent, hat die Stiftung Warentest jüngst ermittelt.
Seit Jahren geht das nun so. Während die Banken billig an das Geld kommen, müssen die Kunden weiter tief in die Tasche greifen, wenn ihr Konto in den Miesen landet. Die SPD will damit Schluss machen und in den Koalitionsverhandlungen eine gesetzliche Begrenzung der Dispozinsen durchsetzen, in der Union beißt sie damit aber bislang auf Granit. Verbraucherschützer stehen in dem Streit um eine staatliche Deckelung eindeutig auf der Seite der Sozialdemokraten. „Sieben Prozent plus Drei-Monats-Euribor sind genug“, sagt Frank-Christian Pauli, Finanzexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV). Mehr als 7,21 Prozent dürften die Banken für die Kontoüberziehung also derzeit nicht nehmen, wenn es nach dem Verbraucherschützer ginge.
Davon sind die meisten Häuser weit entfernt. Doch die stete Kritik an ihren hohen Kreditzinsen und die Diskussionen um einen Eingriff des Gesetzgebers zeigen Wirkung. Denn eine aktuelle Umfrage des Tagesspiegels zeigt: Viele Banken und Sparkassen geben die jüngste Zinssenkung jetzt an ihre Kunden weiter – und gehen teilweise sogar noch darüber hinaus.
So verlangt der Branchenprimus, die Deutsche Bank samt ihrer Tochter Berliner Bank seit Freitag 0,35 Prozentpunkte weniger für den Dispokredit und für geduldete Überziehungen. Auch eine weitere Deutsche-Bank-Tochter kommt ihren Kunden entgegen. Ebenfalls seit Freitag kosten bei der Norisbank sowohl der Dispo- als auch der Überziehungskredit 0,25 Prozentpunkte weniger.
Andere haben ähnliche Pläne. Bei der Berliner Sparkasse steht ebenfalls bereits fest, dass die Kontoüberziehung billiger wird – um 0,26 Prozentpunkte. „Die Berliner Sparkasse wird den Dispozins zum 15. Dezember auf 11,99 Prozent senken“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel, „auch der Überziehungszinssatz wird reduziert und beträgt dann 16,99 Prozent.“ Und auch die ING Diba, die mit einem Dispozins von 8,5 Prozent schon heute zu den günstigen Anbietern gehört, geht zum 15. Februar nächsten Jahres um 0,25 Prozentpunkte herunter. Bei der Berliner Volksbank fällt die Entscheidung, ob und wie man senkt in der nächsten Woche, bei der Targobank Anfang Dezember.

Verbraucherschützern reicht das jedoch nicht. „Der Zinssatz sollte zur Zeit klar unter zehn Prozent liegen“, mahnt die Stiftung Warentest. Jeder Prozentpunkt mehr würde knapp 390 Millionen Euro in die Kassen der Banken spülen, kritisierten die Tester in ihrer letzten Untersuchung. Die Kreditinstitute sehen das anders. „Die Kosten für die Bereitstellung des Dispokredits sind höher als für einen normalen Ratenkredit, und sie liegen erheblich über dem EZB-Leitzins“, heißt es bei der Berliner Sparkasse. Denn Dispokredite seien für den Kunden jederzeit frei verfügbar, die Bank müsse die Liquidität am Kapitalmarkt beschaffen, egal ob die Summe von den Kunden abgerufen wird oder nicht, und der Kredit werde ohne die Vereinbarung von Sicherheiten zur Verfügung gestellt. Finanzexperte Pauli lässt das nicht gelten und verweist auf eine Forsa-Studie im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums. Danach liegt die Ausfallquote bei Dispokrediten bei gerade einmal 0,3 Prozent. Was den Durchblick für den Kunden erschwert, sind die unterschiedlichen Kontenmodelle, die viele Geldhäuser anbieten. Bei den Premium-Girokonten ist der Dispozins in aller Regel niedriger als bei den normalen Girokonten, dafür zahlen die Verbraucher aber mehr für die Kontoführung.

Es geht aber auch anders: Die Deutsche Skatbank, die ihren Sitz in der Skathochburg Altenburger Land hat, bietet ihren Online-Kunden nicht nur ein kostenloses Girokonto, sondern auch einen konkurrenzlos niedrigen Dispozins von 5,25 Prozent. Und der dürfte wohl demnächst noch weiter sinken: „Wir rechnen mit fünf Prozent“, hieß es am Freitag bei der Bank auf Anfrage.

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