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In Frauenförderung wird bereits mehr investiert, als früher. Oben eine Teilnehmerin des MINT-Programm, welches versucht, mehr Frauen in die Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu bringen.

© dpa

Diversity Management: Frauen werden stärker gefördert, Migranten kaum

Aufgrund des öffentlichen Drucks investieren Firmen inzwischen mehr in die Frauenförderung. Ältere Arbeitnehmer und Immigranten gehen hingegen meist leer aus - dabei liegt dort ein riesiges wirtschaftliches Potential.

Von Maris Hubschmid

Vielfalt fördern, das haben sich inzwischen die meisten großen Unternehmen in Deutschland offiziell zum Ziel gesetzt. Bei einer Untersuchung des Beratungsunternehmens Roland Berger gaben rund 95 Prozent der befragten Firmen an, dass Diversity Management für sie eine wichtige Rolle spielt. Allerdings ist dieses Streben nach Vielfalt geprägt von einer großen Einseitigkeit: Demnach beschränken sich 80 Prozent der Arbeitgeber ganz auf die Förderung von Frauen. Diese umfasst in erster Linie Führungskräfteschulungen und Mentoringprogramme.

Ältere Arbeitnehmer und Menschen ausländischer Herkunft kommen dagegen zu kurz. Dabei betonten Firmen, wenn sie auf Diversity angesprochen werden, speziell den Wert einer internationalen Belegschaft, erfuhren die Berater. Besseren Zugang zu fremden Märkten, eine Steigerung der kulturellen und sozialen Kompetenz ihrer deutschstämmigen Mitarbeiter, größeres Kreativpotenzial – all das erhoffen sich die Firmen eigenen Aussagen zufolge von breit gefächerten Hintergründen ihrer Mitarbeiter. In der Praxis bemühe sich jedoch nicht einmal jedes fünfte Unternehmen, Menschen mit Migrationshintergrund an sich zu binden. Dabei könnten insbesondere die dem sich anbahnenden Fachkräftemangel entgegentreten, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wiederholt feststellte: Schon heute fehlen in den naturwissenschaftlich-mathematischen Berufen 200 000 Fachkräfte. Bis 2030 stehen der Bundesrepublik insgesamt fast zehn Millionen Arbeitskräfte weniger zur Verfügung als zurzeit. Es brauche deshalb eine Zuwanderung von mindestens 200 000 qualifizierten Arbeitnehmern im Jahr. Ärgerlich, wenn die niemand ins Boot holt.

Frauen machen in Führungspositionen noch immer die Minderheit aus. Um das zu ändern gibt es allerdings mehr Förderungsprogramme als für andere Gruppen.
Frauen machen in Führungspositionen noch immer die Minderheit aus. Um das zu ändern gibt es allerdings mehr Förderungsprogramme als für andere Gruppen.

© Tsp / Gitta Pieper-Meyer

Auch ältere Menschen, urteilen die Berger-Berater, sollten angesichts der demografischen Entwicklung bei der Personalplanung auf keinen Fall vernachlässigt werden. Ihre Erfahrung gebe den Unternehmen einen wichtigen Rückhalt. „Die einzelnen Programme laufen ins Leere, wenn sie nicht auf verschiedene Ziele abgestimmt sind“, sagt Carolin Griese-Michels, Leiterin für Corporate Responsibility. „Nur so sind Unternehmen im Wettbewerbsvorteil.“

Investitionen in eine breitere Mitarbeitervielfalt würden sich den Beratern zufolge auch mittelfristig lohnen: Bis zu 21 Milliarden Euro könne die deutsche Wirtschaft sparen, wenn sie bestimmte Mitarbeitergruppen systematisch ausbaue. Kollegen, denen gezielte Förderung zuteil werde, fühlten sich dem Arbeitgeber stark verbunden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie das Unternehmen verlassen, sei gering. Und mit der Mitarbeiterfluktuation sänken auch die Kosten für Auswahlverfahren und Einarbeitung.

Grund dafür, dass die Unternehmen sich lediglich im Bereich Frauenförderung ins Zeug legen, ist nach Ansicht der Berger-Berater die große Aufmerksamkeit, die das Thema Geschlechtergerechtigkeit in Politik und Medien erfährt. Die Debatten um eine Frauenquote hätten den Druck erhöht. Die Investitionen seien also in erster Linie eine Imagefrage und nicht wirtschaftlich motiviert. Dazu passt: Nur ein Drittel der Unternehmen führt überhaupt Statistiken darüber, inwieweit die Fördermaßnahmen sie ökonomisch voranbringen.

Recht zufrieden zeigte sich auf Nachfrage jedoch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände mit der Politik der Unternehmen. „Die deutsche Wirtschaft tut alles, um das inländische Fachkräftepotenzial etwa durch Aus- und Weiterbildung zu aktivieren. Vor allem Frauen, Ältere und Migranten können immer stärker am Erwerbsleben beteiligt werden“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. Im Rahmen der Untersuchung „Diversity & Inclusion“ befragte Roland Berger 21 international agierende Unternehmen. Pro Jahr geben sie durchschnittlich 2,3 Millionen Euro für Diversity-Programme aus.

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