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Das Land Berlin hatte bislang auch Aktien des französischen Ölkonzerns Total, der die Elgin-Plattform in der Nordsee betreibt, im Depot. Der Senat will künftig kein Geld mehr in klimaschädliche Technologien investieren.

© picture alliance / dpa

Divestment: Berlin will ab jetzt sauber investieren

Die Pensionskassen des Landes stecken bisher auch in Öl- und Kohlekonzernen. Jetzt will Finanzsenator Kollatz-Ahnen einen Aktienindex zusammenstellen lassen, der nur klimafreundliche Unternehmen listet.

Von Ronja Ringelstein

Kaum ein Beamter dürfte viele Gedanken daran verschwenden, wie genau sein Dienstherr das Geld für die späterere Pension angelegt hat. Die Antwort: Konservativ, also risikoarm. Soziale oder ökologische Kriterien spielten dabei bisher aber keine Rolle. So steckt das Geld teilweise auch in Ölkonzernen.

Berlins bisheriger und womöglich auch künftiger Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) hat am Dienstag ein Konzept vorgestellt, mit der Berlin seine Geldanlagestrategie nach Kriterien der Nachhaltigkeit verändern will. Bereits im Juni hatte das Abgeordnetenhaus beschlossen, öffentliche Gelder aus Unternehmen abziehen zu wollen, „deren Geschäftsmodell dem Ziel der Klimaneutralität widerspricht“. Nach einer Ausschreibung stehen nun die Oekom Research AG und die Solactive AG gemeinsam als Dienstleister fest, die einen an ethischen und nachhaltigen Kriterien orientierten eigenen Aktienindex entwickeln und betreuen sollen. „Das ist bundesweit schon etwas Besonderes“, sagte Kollatz-Ahnen. Es mache angesichts der politischen Ziele des Landes, vor allem mit Blick auf den Klimaschutz, Sinn, die vorhandenen Mittel auch entsprechend anzulegen.

823 Millionen Euro sind in dem Fonds - 15 Prozent davon stecken in Aktienindizes

Bei den Finanzmitteln handelt es sich um Geld aus dem Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Landes Berlin“ mit rund 823 Millionen Euro. Bis zu 15 Prozent davon dürfen in Aktien angelegt werden – was derzeit voll ausgeschöpft werde, berichtete der Senator. Allerdings investiere das Land hier bisher noch in konventionelle börsennotierte Indexfonds, die den Dax 30, beziehungsweise den Euro Stoxx 50 nachbilden. So wurde Berlin unter anderem auch Anteilseigner an großen Gas- und Ölkonzernen, wie etwa dem französischen Mineralölunternehmen Total und Essener Energiekonzern RWE.

Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD)
Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD)

© Spiekermann-Klaas

Nun sollen die beiden Ratingagenturen bis Ende des Jahres ein Portfolio erstellen, das dem Land einen ersten Ansatz bietet, „Divestment“ zu betreiben. Unter dem Schlagwort ziehen weltweit immer mehr Städte, Kommunen, nationale Regierungen und auch Privatinvestoren ihr Geld aus Unternehmen zurück, etwa Ölkonzernen oder Rüstungsherstellern. Auch der Senat will Unternehmen ausschließen, deren Geschäftsmodell auf die Gewinnung fossiler Brennstoffe, beziehungsweise auf Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen ausgerichtetet ist. Auch Atomkraft ist künftig tabu.

Kein Öl, keine Atomenergie, keine Waffen

Als dritten Punkt will das Land keine Anteile an Konzernen erwerben, die Kriegswaffen entwickeln, herstellen oder vertreiben. Zudem sollen sich die Unternehmen an den Prinzipien des UN Global Compact orientieren. Diese weltweite Initiative setzt sich für eine sozialere und ökologischere Globalisierung ein – und damit zum Beispiel gegen Kinderarbeit.

Welche Unternehmen es konkret sein werden, in die das Land demnächst investiert, ist noch offen. Wichtig sei aber vor allem, sagte Kollatz-Ahnen, dass die im Index enthaltenen Aktien eine technische Handelbarkeit haben und dass eine möglichst gute Stabilität am Markt bestehe. Risikogeschäfte schloss er damit aus. „Es wird auch eine Rolle spielen, ob die Unternehmen deutsch sind. Doch wir schließen Unternehmen nicht aus, nur weil sie im Ausland sitzen“, sagte Kollatz-Ahnen. Weil es sich aber um Mittel aus einem regionalen Versorgungsfonds handelt, solle es durchaus eine Präferenz für Unternehmen der Region geben.

Der Versorgungsfonds wird von der Bundesbank verwaltet. Die Unternehmen müssten allerdings periodisch beurteilt werden, ob sie in den Index passen oder nicht. „Dafür brauchen wir einen, der das macht. Einmal im Jahr wird das gecheckt und bei Bedarf umgeschichtet“, erklärte der Senator den Einsatz der externen Dienstleiter. Während die Bundesbank für das Land Berlin kostenfrei tätig wird, blieben die Kosten der Ratingagenturen noch ein Geheimnis des Senats.

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