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DIW: Ein Streit um sieben Millionen Euro

Die Vorwürfe gegen das DIW haben es in sich: Verschwendung, Schlamperei, Ignoranz. Das Institut verteidigt sich gegen den Rechnungshof.

Berlin - Ausgerechnet einem Wirtschaftsinstitut hält der Rechnungshof gravierende Finanzmängel vor. Das DIW habe das Geld des Steuerzahlers „zweckentsprechend, wirtschaftlich und sparsam“ zu verwenden – dies sei nicht geschehen. Außerdem sei das Kuratorium, der Aufsichtsrat des Instituts, nicht ausreichend über Finanzielles unterrichtet worden. Es sei alles in allem „nicht auszuschließen, dass ein Schaden für die öffentliche Hand entstanden ist“. Die Vorwürfe summieren sich auf sieben Millionen Euro. Die Prüfer legen dem Senat nahe, Geld zurückzufordern. Und: „Wir erwarten darüber hinaus, dass Sie ... den künftigen Zuwendungsbedarf des DIW eingehend prüfen.“ Doch das DIW wehrt sich. Man dürfe ein Institut „nicht ausschließlich mit dem Maßstab der Wirtschaftlichkeit“ untersuchen, entgegnet Präsident Klaus Zimmermann. Auf 127 Seiten versuchen er und seine Anwälte die Vorwürfe als haltlos darzustellen. Die Prüfer hätten „unzulänglich recherchiert“ und am Ende habe es „völlig überzogene pauschalierende Schlussfolgerungen“ gegeben.

DIW DC

Zimmermann ist Chef des DIW sowie Verwaltungsratsvorsitzender des DIW DC, einer eigenständigen, aber von Zimmermann mitgegründeten Einrichtung in Washington. Das stört die Prüfer. Geschäfte mit der Dependance seien „als unzulässiges ,In-Sich-Geschäft‘ zu werten“. „Der Präsident hat als Vorsitzender des Verwaltungsrates von DIW DC mit sich selbst einen Vertrag geschlossen.“ Bis Ende August 2009 gab das DIW 900 000 Euro für die Zweigstelle aus. Das Kuratorium wurde zwar über das DIW DC informiert, über die Kosten aber nicht. Trotzdem billigte das Gremium das Projekt. Dabei hätte das DIW auch Bund und Land darüber informieren müssen. Auch haben die Prüfer Zweifel, ob das DIW DC dem Mutterhaus überhaupt nutzt.

Man müsse in Washington vor Ort sein, weil die „Gesetze der Ökonomie immer noch in den USA geschrieben“ werden, verteidigt sich Zimmermann. Die Marktposition des DIW werde durch das DIW DC „nachhaltig gestärkt“. Zudem hätten die Wirtschaftsprüfer der KPMG regelmäßig über das Institut berichtet, wenngleich in kurzen Passagen. Diese Berichte habe das Kuratorium bekommen. Über die Mittel, mit denen das DIW DC unterstützt wurde, habe allein der Vorstand befinden dürfen, Rücksprache mit dem Kuratorium sei nicht erforderlich gewesen. Und In-Sich-Geschäfte habe es nicht gegeben, weil nicht Zimmermann auf beiden Seiten die Verträge abgeschlossen habe.


KLAUS ZIMMERMANN

Den Rechnungsprüfern geht Zimmermanns Ämterhäufung gegen den Strich. Er übe „eine Vielzahl von Nebentätigkeiten“ aus. Er ist nicht nur DIW-Präsident, sondern leitet auch das Institut zur Zukunft der Arbeit in Bonn, arbeitet als Honorarprofessor und in verschiedenen Gremien. Am DIW sei er „an einem Drittel der jährlichen Arbeitstage anwesend“. Ob er seine Nebenjobs genehmigen ließ, sei unklar. Zimmermann sagt dazu, er habe „informell“ mit dem Kuratoriumsvorsitzenden abgestimmt, dass er ein Drittel seiner Arbeitszeit in Berlin verbringen werde. Seine Mehrfach-Jobs seien vertraglich geregelt. Außerdem habe er seit seinem Amtsantritt in Berlin jedes Jahr auf 20 Tage Urlaub verzichtet.

UMZUG

„Die Entscheidung, nach Berlin-Mitte zu ziehen, ist auf einen Zeitraum von 20 Jahren betrachtet jährlich um ca. 360 000 Euro teurer als der Verbleib in modernisierten Gebäuden in Dahlem“, haben die Prüfer ausgerechnet. Die Sanierung des langjährigen DIW-Standorts in Dahlem wäre also die günstigere Lösung gewesen, günstiger jedenfalls als ein Umzug in die Mohrenstraße. Allerdings stimmte das Kuratorium dem Umzug zu, auch weil das DIW beteuert hatte, wie wichtig ein Standort in Regierungsnähe sei. Schließlich sei das neue Haus sicherer und auch wichtig für die Gewinnung hochkarätiger Mitarbeiter und Gastwissenschaftler. Alles in allem dürfe das Standortthema „nicht im Ergebnis einer allein zahlenmäßigen Betrachtung beantwortet werden“, meint Zimmermann.


AUFTRAGSVERGABE

„Leistungen werden weit überwiegend nicht (...) öffentlich ausgeschrieben, sondern freihändig vergeben bzw. beschränkt ausgeschrieben“, monieren die Kontrolleure. Dies stehe „nicht im Einklang mit einem wirtschaftlichen Mitteleinsatz“. Dafür zählen sie viele Beispiele auf: einen Umfrage-Vertrag für die Langzeitstudie SOEP, Aufträge an die DIW-Beratungstochter Econ, die Lieferung von Möbeln für die neuen Büros oder sogar die Ausstattung der neuen Räume mit Kunstwerken durch einen Kurator für 46 000 Euro. „Verschiedene vergaberechtliche Versäumnisse“ seien begründet, räumt das DIW ein. Die Leistungen des DIW DC hätten aber nicht ausgeschrieben werden müssen, da es sich um Forschungsdienstleistungen gehandelt habe, also sei eine freihändige Vergabe zulässig. Und zu den Bildern heißt es, es sei im Interesse einer öffentlichen Institution wie dem DIW, Kunst auszustellen.


VERTRÄGE

Zimmermann habe „eine Vielzahl von Dienstleistungs-, Berater- und Werkverträgen abgeschlossen“ oder dies angestoßen. Bei vielen dieser Leistungen handele es sich um „Aufgaben des Managements des DIW, die von Mitarbeitern ... des Instituts zu erfüllen wären“. So schloss das DIW Werkverträge mit Wissenschaftlern ab, die ohnehin bei ihm beschäftigt waren. Zudem waren die Forscher gar nicht zuständig. „Offen bleibt, ob die Leistungen tatsächlich erbracht wurden“, da sie eigentlich vom DIW-Geschäftsführer zu erbringen gewesen wären. In seinen Verträgen formuliere das DIW immer nur „sehr allgemein und in Stichpunkten“. „Messbare Ziele oder zu erreichende Ergebnisse werden ... nicht festgelegt“. Die Verträge seien zulässig gewesen, da es sich bei den Beauftragten gar nicht um vollbeschäftigte Mitarbeiter des DIW gehandelt habe. Und das, was sie laut Vertrag tun sollten, habe nicht in ihrem Pflichtbereich gelegen. Leistungen genauer zu spezifizieren sei nicht nötig oder üblich.

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