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Wirtschaft: DIW mahnt Regierung zur Schuldentilgung

Die Staatseinnahmen sprudeln, aber die Berliner Forscher warnen vor leichtfertigen Ausgaben

Berlin - Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) fordert die Bundesregierung auf, die konjunkturbedingten Überschüsse aus dem öffentlichen Haushalt zur Schuldentilgung zu verwenden. Daneben sprechen sich die Berliner Wissenschaftler in ihrem jüngsten Wochenbericht dafür aus, die Investitionsausgaben, zum Beispiel für Infrastruktur, auf Kosten der staatlichen Konsumausgaben auszuweiten. „Eine solche Politik bedeutet, dass die Luft, die die Finanzpolitik im derzeitigen Aufschwung zum Atmen erhält, weder auf der Einnahmen- noch auf der Ausgabenseite leichtfertig populären Maßnahmen geopfert wird“, sagte DIW-Finanzexperte Florian Zinsmeister.

In seiner aktuellen Prognose geht das Institut davon aus, dass Bund, Länder und Gemeinden im laufenden Jahr einen Finanzierungsüberschuss von sieben Milliarden Euro erreichen. Im vergangenen Jahr hatten die öffentlichen Haushalte noch einen Verlust von knapp 36 Milliarden Euro erzielt. Für 2008 geht das Institut von einer Fortsetzung des Trends und einem erneuten Überschuss aus. Durch Mindereinnahmen aus der Unternehmensteuerreform werde dieser aber nur knapp über dem Ergebnis des laufenden Jahres liegen.

Die unerwartet schnelle Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist laut DIW in erster Linie auf die steigenden Steuereinnahmen zurückzuführen. Allein die Erhöhung der Mehrwertsteuer führe in diesem Jahr zu 25 Milliarden Euro Mehreinnahmen. Der Aufschwung mache sich jetzt aber auch bei den Einnahmen aus der Lohnsteuer bemerkbar. Bis einschließlich August seien diese Einnahmen um acht Prozent gestiegen. Weiterer Beschäftigungszuwachs werde die Lohnsteuereinnahmen auch 2008 deutlich erhöhen.

Das DIW bemängelt trotz der positiven Zahlen, dass die Politik die Konsolidierung auf Kosten sinkender Investitionsausgaben betrieben habe. Zwischen 2001 und 2006 seien diese Ausgaben um 17 Prozent gesunken. Unter Investitionsausgaben fallen Gelder für Infrastruktur, Forschung und Bildung. „Wenn der mittelfristige Wachstumspfad nicht verlassen werden soll, müssen diese Ausgaben dringend angekurbelt werden“, mahnte Zinsmeister. Bei den Bruttoinvestitionen liegt Deutschland in West- und Mitteleuropa auf dem vorletzten Platz.

Für 2007 zeichnet sich laut DIW aber erstmals wieder eine steigende Investitionsquote ab. Der europäische Vergleich zeige, dass höhere staatliche Investitionen nicht unbedingt mit einer Erhöhung der Staatsquote einhergehen müssten. Mit der Staatsquote ist der Anteil der staatlichen und staatlich bedingten wirtschaftlichen Aktivität an der wirtschaftlichen Gesamtleistung gemeint. Für 2007 und 2008 erwarten die Wissenschaftler eine leicht fallende Staatsquote.

Auf Bundesebene hält das DIW einen ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2010 für realistisch. „Sollte die Bahnprivatisierung zügig realisiert werden, ist ein Haushaltsausgleich aber schon 2009 möglich“, sagte Zinsmeister. Johannes Pennekamp

Johannes Pennekamp

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