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Selbst die größten Griechenland-Fans verzweifeln bisweilen an der aktuellen Misere.

© dpa

DIW-Studie: Griechenland ist wie Osteuropa 1990

Die Griechen brauchen eine Wachstumsstrategie, sagt das DIW in einer aktuellen Studie. Eine der Voraussetzungen, damit sie funktioniert: der Euro-Austritt.

Mecklenburg-Vorpommern ist besser. Mit 21 700 Euro erwirtschaften die Einwohner des leistungsschwächsten Bundeslandes pro Kopf und Jahr mehr als die Griechen mit 20 100 Euro. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2010 und verdeutlichen laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin die dramatische Lage, in der sich das Euromitglied Griechenland befindet. Eine Notlösung, um sich aus dieser Lage zu befreien, wäre der Austritt aus der Gemeinschaftswährung.

„Am Ende bleibt nur diese Möglichkeit“, sagte DIW-Konjunkturforscher Karl Brenke am Mittwoch in Berlin. Griechenland brauche eine Wachstumsstrategie und die könne nur mit einer Abwertung und der Rückkehr zu einer nationalen Währung gelingen. „Es müssen ausländische Investoren ins Land, und die kommen nur, wenn sie Planungssicherheit haben.“ Angesichts der aktuellen Hängepartie sei diese Sicherheit nicht gegeben.

Hauptursache für die griechische Misere ist dem DIW zufolge die industrielle Schwäche des Landes. Mindestens seit Mitte der 90er Jahre – also lange vor der Einführung des Euro als Barzahlungsmittel – habe der Verbrauch von Gütern die Wirtschaftsleistung bei weitem übertroffen.

Nach dem Beitritt zum Euro habe sich das Handelbilanzdefizit stark ausgeweitet. Im großen Euro-Währungsraum, in dem wirtschaftlich sehr starke Länder auf eher schwache wie Griechenland trafen, sanken insgesamt die Zinsen.

Statt das günstige Geld für Investitionen etwa in Industrieanlagen zu stecken, gaben es die Griechen für den privaten und staatlichen Konsum aus. Da kaum eigene Waren produziert wurden, mussten sie importiert werden.

Die kurzfristigen wirtschaftlichen Aussichten für die Hellenen hält das DIW für sehr trübe. Der Tourismus werde als Einnahmequelle nicht ausreichen. Der Anteil Selbstständiger sei so hoch wie in Schwellenländern. Das Land benötige eine „Verbreiterung der industriellen Basis“, sagte Brenke. Das werde Jahrzehnte dauern.

Zum Vergleich bemüht er die Situation Osteuropas nach dem Fall der Mauer. Dort sei der Erholungsprozess auch nach 20 Jahren noch lange nicht abgeschlossen. „Und anders als Griechenland hatten die meisten der Länder zumindest eine industrielle Tradition“, betonte Brenke.

„Es wird ein hartes Stück Arbeit.“ Denkbar sei in Griechenland etwa die Schaffung von Wachstumskernen nach ostdeutschem Vorbild mit Städten wie Athen, Piräus oder Thessaloniki.

Die EU-Mitgliedschaft werde den Griechen beim Aufbau helfen. Sie garantiere günstige Rahmenbedingungen für Unternehmen. Das Wachstumskonzept sei „jedoch nur die Aufgabe einer nationalen Regierung“. Von den milliardenschweren EU-Hilfen, mit denen die Griechen von ihren Schulden in Höhe von rund 350 Milliarden Euro entlastet werden sollen, hält das DIW nicht viel. „Mir ist jede Wachstumshilfe für Griechenland lieber als die aktuell gezahlten Sterbehilfen“, sagte Brenke.

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