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Wirtschaft: Drei Aldi-Airlines kämpfen um die gleiche Kundschaft

Germanwings beginnt den Flugbetrieb mit Billigtickets/Günstiger mit dem Flugzeug nach Nizza als mit dem Taxi zum Bahnhof

Köln (brs/ebe/HB). Eigentlich wollte HansJürgen Schneider (43) aus Kerpen an diesem Sonntag nur mit seiner Frau nach Nizza in den Urlaub fliegen. Strohhut auf dem Kopf, ausgelatschte Turnschuhe am Fuß, die Gattin das Beauty-Case in der Hand, steht Familie Schneider nun am Flughafen Köln/Bonn mitten in einem veritablen Rummelplatz und freut sich: „Kein schlechter Abschiedsgruß. Was es hier heute alles umsonst gibt", sagt Schneider. Alles umsonst? Zumindest aber konkurrenzlos günstig. Das ist die Botschaft, die die Billigfluggesellschaft Germanwings, die zum Einflussbereich der Lufthansa zählt, zum Start des eigenen Flugbetriebs den Besuchern mit dem Jahrmarkt im Terminal vermitteln will. Und tatsächlich, es wirkt: Schon am Morgen sind ein paar hundert Besucher gekommen, einige wollen auch gleich verreisen. Die kramen geradezu euphorisiert ihre Billig-Flugscheine aus den Taschen, die sie am Check-in mit einem stolzen Lächeln auf den Lippen wie Trophäen präsentieren: „Für 29 Euro nach Wien“, sagt eine ältere Frau, „unglaublich".

Der Flughafen Köln-Bonn gilt seit Sonntag als Zentrum der deutschen Billigflug-Branche. Tatsächlich kämpfen mit Germanwings, Hapag-Lloyd-Express und Deutsche BA, die im nächsten Jahr wohl von Europas größter Billig-Linie Easyjet geschluckt wird, bald drei deutsche Aldi-Airlines um die gleiche Kundschaft. Sie bieten Tickets nach Pisa, Neapel, Barcelona, die ab 19,99 Euro im besten Fall sogar billiger kommen als die Taxifahrt vom Kölner Hauptbahnhof zum Flughafen.

Doch während die Kundschaft über die neuen Schnäppchenpreise am Himmel jubiliert, schütteln Luftfahrt-Experten die Köpfe. Sie sprechen von völlig abgehobenen Plänen, von hohen Überkapazitäten und einem ruinösen Kampf um jeden Passagier. Davon will Germanwings-Geschäftsführer Andreas Bierwirth nichts wissen und hat den Start seiner Gesellschaft gewissenhaft vorbereitet. „Ein bisschen wie Ikea" soll der Markenname beim Publikum ankommen.

Tatsächlich fliegen die erfolgreichsten Billig-Airlines derzeit Umsatzrenditen ein, von denen traditionelle Fluggesellschaften nur träumen können. „Mit ihrer Elastizität der Preise und cleveren Strategien haben die Low-Cost-Carrier den Luftverkehr grundlegend verändert", sagt David Gillen, Luftfahrtökonom der Universität Berkeley. Die Sparpotenziale der Billiglinien: Sie montieren bis zu 30 Prozent mehr Sitze in ihre Jets, umgehen teure Gebühren an großen Flughäfen und sparen sich mit ihrem eigenen Internet-Vertrieb die Provision an Reisebüros. Zudem halten sie ihre Flugzeuge bis zu zwölf Stunden pro Tag in der Luft: Fliegen, landen, schnell Gepäck ausladen, neue Passagiere einladen, Weiterflug in weniger als 30 Minuten. So schaffen sie bis zu zwei Flüge mehr am Tag als viele Konkurrenten.

Gleichwohl rechnen sich die Geschäftsmodelle nur, wenn am Ende der Durchschnittserlös stimmt. Ein dynamisches Preissystem sorgt dafür, dass allein der Frühbucher die Angebote findet. Bei Germanwings etwa werden nur die ersten 20 Sitze pro Flug zum Werbepreis von 29 Euro verkauft, danach springt das Buchungssystem automatisch in die nächst höhere Preiskategorie. Die letzten Tickets pro Flug sind mit knapp 200 Euro für die einfache Strecke kaum günstiger als bei konventionellen Fluglinien. Der Spätbucher zahlt im Grunde für andere Passagiere mit, damit die Unternehmen auf einen Durchschnittserlös zwischen 60 und 80 Euro pro Fluggast und Strecke kommen.

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