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Hohe Erwartungen. Auf bis zu 250 000 zusätzlich verkaufte Elektroautos hofft der Bund durch die Kaufprämie.Foto: Jan Woitas/dpa

© dpa

E-Autos: Die Kaufprämie soll es richten

Politik und Autohersteller hoffen, dass nun auch Logistiker und Verkehrsbetriebe auf E-Fahrzeuge setzen. Sonst werden Wettbewerber aus dem Ausland schneller sein.

Anfangen mit der Elektromobilität, statt weiter nur darüber zu reden. „Wir diskutieren Themen häufig zu Tode“, sagt Achim Kampker, der den Geschäftsbereich Elektromobilität der Deutschen Post leitet. Kampker ist ein Vorreiter, der nicht nur reden will. Bei der Post zeigt er, dass Elektrofahrzeuge im gewerblichen Bereich ihre Vorteile schon ausspielen können – anders als bei der privaten Nutzung. Die Deutsche Post verfolgt das ambitionierte Ziel, alle ihre 50 000 Flottenfahrzeuge durch elektrische Modelle zu ersetzen – vom Zweirad bis zum Lieferwagen.

Etwa 800 vierrädrige E-Fahrzeuge hat der Dax-Konzern schon im Einsatz, doch es sollen bald mehr werden. „Wenn wir es jetzt nicht tun, wird sich das später bitter rächen“, sagte Kampker am Montag auf der Fach- und Ideenkonferenz Elektromobilität der Bundesregierung in Berlin. Zeige das Autoland Deutschland nach langer Diskussion jetzt nicht, dass es die Verkehrswende zur Elektromobilität schaffe, seien Wettbewerber aus dem Ausland schneller. In diesem Jahr will die Post deshalb mit dem Bau der ersten 2500 selbst entwickelten Elektro-Transporter beginnen, mit denen künftig Briefe und Pakete ausgeliefert werden.

Womit sich die Politik tröstet

Mehr von diesen privatwirtschaftlichen Initiativen wünscht sich die Politik. Elektromobilität sei seit der Debatte um die Kaufprämie zwar wieder en vogue, wie Norbert Barthle, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, sagte. Im Angebot der Hersteller gebe es aber leider immer noch „große Lücken“. So stelle er „mit großem Bedauern“ fest, dass es zum Beispiel noch keinen elektrischen Bus eines deutschen Herstellers gebe. Klar wird: Nachdem die Bundesregierung Mitte Mai die Förderung der Elektromobilität um eine Milliarde Euro aufgestockt hat, liegt der Ball wieder im Feld der Industrie.

Aktuell rund 60 000 elektrische und teilelektrische Fahrzeuge auf deutschen Straßen seien „nicht das, was wir uns gedacht haben“, sagte Rainer Bomba, ebenfalls Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Umso richtiger sei es, nach der Forschung und Entwicklung (2,6 Milliarden Euro) nun den Markt zusätzlich öffentlich zu fördern. „Das Geld kommt zur rechten Zeit und es wird an den richtigen Stellen ausgegeben“, sagte Bomba. Mit der Kaufprämie für private Autokäufer („Umweltbonus“), dem Ausbau der Infrastruktur und den öffentlichen Beschaffungsprogrammen werde der Markt anspringen, glaubt Bomba. „Qualität braucht Zeit.“

Damit freilich tröstet sich die Politik schon länger. Und obwohl es inzwischen eine Palette von elektrischen Automodellen verschiedener in- und ausländischer Hersteller gibt, steigt die Nachfrage kaum. „Warum passt das, was es auf dem Markt gibt, noch nicht zu unserem Nutzungsverhalten“, fragte Barbara Lenz, Verkehrsforscherin am Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt. Seien Elektroautos erst dann nicht mehr ein extravagantes Vergnügen für wenige, wenn sie eine größere Reichweite haben?

US-Technologiekonzerne machen Druck

Henning Kagermann bleibt Optimist. „Die Kaufprämie wird einen großen Schub von 250 000 zusätzlich verkauften Elektrofahrzeugen bringen“, sagte der Leiter der Nationalen Plattform für Elektromobilität. Die NPE hatte sich für das Förderinstrument eingesetzt, weil es ihrer Ansicht nach am schnellsten wirkt. Die Bundesregierung habe nun zusammen mit der Autoindustrie „einen großen Sprung getan“, sagte Kagermann. Doch es bleibe viel zu tun, etwa beim Aufbau einer eigenen Batteriezellenproduktion. Kagermann hofft, dass zum Ende der Legislaturperiode „ein Haken hinter alle Punkte unseres Arbeitsprogramms“ gemacht werden könne.

Eine Warnung an Politiker im Bund und in den Kommunen, es nun wirklich ernst zu meinen mit dem Ausbau der für die Elektromobilität nötigen digitalen Infrastruktur, formulierte EU-Kommissar Günther Oettinger, der in Brüssel für dieses Thema zuständig ist. „Akzeptieren Sie im Zweifel eher Schlaglöcher als Funklöcher“, sagte er. Ohne ein flächendeckendes, schnelles Netz werde es nichts mit dem autonomen, elektrischen Fahren in Deutschland. Die Wettbewerber lägen längst auf der Lauer.

„Tesla, Uber, Google und Apple traue ich einiges zu“, sagte Oettinger. Die US-Technologiekonzerne drängen mit Macht in die traditionellen Geschäftsfelder der Autoindustrie vor. Der EU-Kommissar rechnete vor: Wenn alle Autos in den Metropolen komplett vernetzt würden, komme man mit 20 Prozent des Fahrzeugbestandes aus. „Dann haben Audi, BMW und Mercedes ein Problem“, sagte Oettinger. Sie seien dringend aufgerufen, Mobilitätsdienstleister zu werden. Sonst bestehe die Gefahr, dass sie als Zuliefere der Tech-Konzerne „nur noch die Kisten bauen“.

Eines sei gewiss: Die CO2-Regulierung wird sehr viel strenger werden und Benzin- und Dieselantriebe „zur Ausnahme“ machen, wie Oettinger sagte. Noch vor der Sommerpause werde die EU-Kommission ihren Vorschlag präsentieren, wie die Dekarbonisierung des Verkehrs nach 2020 aussehen soll. Mit Milde darf die Autoindustrie, deren Glaubwürdigkeit durch den Abgas-Skandal bei VW gelitten hat, dabei nicht rechnen.

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