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Wirtschaft: E-Plus will wieder angreifen

Mobilfunkbetreiber kritisiert frühen UMTS-Start der Wettbewerberals fahrlässig/Neue Tarifoffensive

Düsseldorf. Der Chef von Deutschlands drittgrößtem Mobilfunkanbieter E-Plus übt heftige Kritik an seinen Konkurrenten. Uwe Bergheim glaubt, dass die Pläne anderer Netzbetreiber, bereits im Sommer mit der neuen Mobilfunktechnik UMTS starten zu wollen, zu ehrgeizig sind. „Ich halte es nach wie vor für fahrlässig, wenn wir jetzt auch bei UMTS weiterhin nur Ankündigungen machen und knappe Zeitpläne in die Welt setzen, die hinterher Tausende von enttäuschten Kunden zurücklassen“, sagte Bergheim im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Das ist falsch. Wir werden uns nicht daran beteiligen. Wir werden erst liefern, wenn das Produkt den Erwartungen der Kunden entspricht.“

Ob der Start in das mobile Multimedia- Zeitalter fünf Wochen früher oder später beginne, interessiere im Zweifel niemanden. Ein schlechter Start hingegen schade der gesamten Industrie. „Wichtig ist, dass wir eine Technologie anbieten, die integer ist, und dass wir die Dienste auch wirklich funktionsfähig präsentieren. Das war in der Vergangenheit oft nicht der Fall“, sagte Bergheim.

E-Plus hat den kommerziellen Start seines UMTS-Netzes erst für Anfang 2004 angekündigt. Bergheim sieht in dem späteren Start keinen Nachteil für sein Unternehmen. „Auf der Basis der Kenntnisse, die wir haben, ist ein Start im Herbst schwierig. Wir haben schließlich alle die gleichen Hersteller.“ Es seien nicht nur in der Netztechnik noch einige Probleme zu lösen, zweifelhaft sei auch, ob die notwendigen UMTS-Handys in breiter Auswahl rechtzeitig zur Verfügung stehen. „Wir haben immer wieder erlebt, dass die Geräte nicht zu dem Zeitpunkt da sind, zudem sie angekündigt wurden“, sagte Bergheim. „Und hier haben wir die komplexeste aller Technologien vor uns. Warum sollte es jetzt, wo die Aufgabe am schwierigsten ist, zum ersten Mal in dieser Industrie pünktlich klappen?“

Auch in der Frage, wann UMTS sich auf dem Markt durchsetzt, ist Bergheim zurückhaltender als andere. „Drei bis fünf Jahre wird es wohl dauern. Ich glaube nicht, dass wir vor diesem Zeitpunkt eine breite UMTS- Verwendung sehen werden.“

In der Zwischenzeit arbeitet E-Plus nicht nur am Aufbau seines UMTS-Netzes, sondern auch an einem neuen Image. Dabei folgt das Unternehmen den anderen Wettbewerbern auf dem deutschen Markt, die in jüngster Zeit ebenfalls kräftig an ihren Marken gefeilt haben. „E-Plus ist jetzt zehn Jahre alt. In dieser Zeit haben wir eine bunte Werbegeschichte hingelegt. Eine große Vielfalt, die der Marke und der Wahrnehmung bei den Kunden nicht nur gut getan hat“, sagte Bergheim. 50 Millionen Euro will E-Plus investieren, um die Marke aufzupolieren.

Unter anderem will E-Plus die beiden Marktführer T-Mobile und Vodafone wieder mehr angreifen. „Wir waren der David gegenüber den Goliaths. Wir wollen uns stärker auf diese Herausforderer-Thematik besinnen“, sagte Bergheim. E-Plus habe eine Reihe von Innovationen gebracht, zum Beispiel die Prepaid-Karte, bei der der Kunde ein vorausbezahltes Guthaben abtelefonieren kann, ohne einen Vertrag abschließen zu müssen. „Dass die Idee von uns kam, ist heute vergessen“, sagte Bergheim.

Als Herausforderung nicht nur für die Mobilfunkbranche sondern auch für das Festnetz versteht Bergheim zum Beispiel den Preis, für drei Cent pro Minute vom Handy ins Festnetz zu telefonieren. Diesen Preis bietet E-Plus ab 1. Mai bei den Tarifen für Geschäftskunden an. „Wir machen damit das Festnetz nicht ganz überflüssig, bieten aber dem Kunden die Möglichkeit, das Mobiltelefon häufiger zu nutzen“, sagte Bergheim.

E-Plus könne den Tarif profitabel anbieten, da das Netz bei 7,3 Millionen nicht ausgelastet sei. „Uns geht es nach wie vor um zwei Themen: unseren Marktanteil zu steigern und unsere Kapazität besser auszulasten.“ Der Tarif sei so aggressiv, „dass er möglicher Weise der Telekom auffällt“. Das sei zwar nicht seine Absicht. „Unsere Absicht ist aber, zehn Millionen Kunden zu gewinnen. Dabei müssen wir die Nutzung des Handys steigern. Erst 17 Prozent alle Gesprächsminuten werden mobil geführt,“ sagte Bergheim.

Noch spüre E-Plus im Gegensatz zu anderen Branchen beim Telefonieren keine Kaufzurückhaltung bei den Kunden. „Noch nicht, muss ich sagen, denn ich erwarte das schon. Wenn die Rezession in Deutschland weiter anhält, wird es auch an diesen Budget-Topf gehen“, sagte Bergheim. „Früher oder später wird die Rezession auch den Mobilfunkmarkt treffen. Und dann sind wir bei E-Plus bestens gerüstet, weil wir seit Jahren in vielen Bereichen die Preiswertesten sind.“

Mit knappen Budgets kennt sich E-Plus aus. Der niederländische Mutterkonzern KPN hatte dem Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren einen harten Sparkurs verordnet. „Nachdem wir uns auf die Stärkung der Profitabilität konzentriert haben, werden wir in diesem Jahr wieder mehr Augenmerk auf das Wachstum legen – ohne die Profitabilität dabei aus den Augen zu verlieren“, sagte Bergheim. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass auf der Basis der heutigen Durchschnittsumsätze pro Kunde, ein Netzbetreiber in Deutschland mindestens zehn Millionen Kunden braucht, um profitabel arbeiten zu können. E-Plus will in den kommenden vier Jahren einen Marktanteil von 18 bis 20 Prozent erreichen, was in etwa zehn Millionen Kunden entspricht. Zuletzt war der Marktanteil von E-Plus (12,3 Prozent) aber sogar leicht rückläufig. Allerdings konnte das Unternehmen im vergangenen Quartal den Kundenrückgang stoppen.

Das Ziel von zehn Millionen Kunden könnte schnell erreicht werden, wenn E-Plus mit dem kleineren Konkurrenten O2 zusammengehen würde. Doch dem erteilte Bergheim erneut eine Absage: „Wir wollen aus eigener Kraft wachsen.“ Er führe keine Gespräche mit O2. „Und es finden auch auf der Ebene von KPN keine Gespräche statt“, fügte Bergheim hinzu.

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