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Der Eurofighter von EADS gehört zu den Maschinen, mit denen sich der Luftfahrt- und Rüstungskonzern auf der Berliner Ila präsentiert.

© Reuters

EADS und BAE: Der Traum vom weltgrößten Rüstungskonzern

Durch eine Fusion der Rüstungskonzerne EADS und BAE entstünde die größte Waffenschmiede der Welt. Doch EADS-Chef Enders muss mit Widerstand aus Politik und Wirtschaft rechnen.

Man kann sein eigenes Wort kaum verstehen, wenn die Branchengrößen EADS und BAE zeigen, was möglich ist, wenn sie zusammenarbeiten: Bei Konstruktion und Bau des Eurofighter Typhoon etwa ist das der Fall. Immer, wenn der Kampfjet sich in den vergangenen Tagen auf dem Gelände der Luftfahrtschau Ila fauchend, fast senkrecht in den Himmel schraubte, spürten Besucher es als Kribbeln in der Magengrube. Das empfinden manche als angenehm, anderen wird dabei schlecht.

Ähnlich lässt sich auch die Gefühlslage unter Politikern und Managern der Rüstungsbranche beschreiben, nachdem am Dienstagabend bekannt wurde, dass die beiden Unternehmen Fusionsgespräche führen. Fakt ist: Sollten sich der von Deutschen und Franzosen kontrollierte EADS-Konzern mit der britisch-dominierten BAE Systems zusammentun, entstünde der mit rund 72 Milliarden Euro Jahresumsatz und 220 000 Mitarbeitern größte Rüstungskonzern der Welt. Boeing, derzeit Marktführer bei Rüstungsgütern, erlöst umgerechnet gut 54 Milliarden Euro im Jahr und beschäftigt 165 000 Mitarbeiter. Dort bleibt man noch gelassen. Er habe „tiefes Vertrauen“ in die Stärke des Unternehmens, sagte Boeing-Chef Jim McNerney in Washington. Es gehe um eine „globale Konsolidierung“, die stattfinde.

Die Gelassenheit der Amerikaner rührt zum Teil sicher auch daher, dass eine Fusion von EADS und BAE alles andere als trivial – und daher längst nicht ausgemacht – ist. Das liegt vor allem an der komplizierten Eigentümerstruktur des Airbus-Mutterkonzerns EADS (European Aeronautic Defence and Space Company). Die war im Jahre 2000 aus der Not heraus entstanden, nachdem eine angestrebte Fusion der deutschen Dasa mit der britischen BAE scheiterte. So gingen die Deutschen mit der französischen Aérospatiale-Matra und der kleineren spanischen Casa zusammen.

Bis heute regeln komplizierte Verträge, dass weder Deutsche noch Franzosen das alleinige Sagen haben im EADS-Konzern. Der neue EADS-Chef Tom Enders, der schon vor 14 Jahren als Dasa-Strategiechef Fusionsgespräche mit BAE führte, versucht seinen Konzern staatlicher Einflussnahme zu entziehen. So opponierte er auch gegen Pläne seines Aktionärs Daimler, der schon lange sein 7,5-Prozent-Aktienpaket an EADS verkaufen will, notfalls an die bundeseigene KfW. Zuletzt drohte Enders gar damit, die Konzerntochter Cassidian, in der große Teile des Rüstungsgeschäfts gebündelt ist, zu verkaufen. Der fehle nämlich die Perspektive, wenn die Bundeswehr als wichtigster Kunde den Beschaffungsetat immer weiter kürze.

Zugleich muss er akzeptieren, dass Politik in Berlin und Paris mehr als ein Wort mitzureden haben, wenn es um Weichenstellungen in dieser sensiblen Branche geht. Ohne die Zustimmung der Regierungen kann Enders die Verwirklichung seines Traumes vom weltgrößten Rüstungskonzern begraben.

BAE fertigt zudem auch Kriegsschiffe.
BAE fertigt zudem auch Kriegsschiffe.

© dpa

In der Bundesregierung äußerte man am Donnerstag bereits Vorbehalte gegen eine Fusion mit BAE. „Es ist fraglich, ob der Konstruktionsvorschlag überhaupt zustimmungsfähig ist“, zitierte die Agentur dpa aus Regierungskreisen. Ein erster Hinweis darauf, dass man auf eine Störung der Balance im EADS-Konsortium kein Interesse hat. Der Fusionsplan sieht nämlich vor, dass die Regierungen der beteiligten Länder Sonderaktien erhalten, der ihnen auch weiterhin Einspruchsmöglichkeiten bei künftigen wegweisenden Entscheidungen sichern würde. Gleichwohl hätte jede Regierung für sich genommen tatsächlich weniger Einfluss. In dem neuen Unternehmen sollen die EADS-Eigentümer 60 Prozent, BAE 40 Prozent der Anteile kontrollieren.

Man werde sich eng mit Paris abstimmen, hieß es. „Neben der europarechtlichen Frage der Zulässigkeit ist es die Frage, welchen Wert eine solche Ausgestaltung überhaupt hat“, zitierte dpa diesen namentlich nicht genannten Regierungsinsider weiter.

Ein noch größerer Rüstungskonzern wäre auch ein Quasi-Monopolist etwa für Kampfjets und Hubschrauber in Europa und könnte noch besser als bisher die jeweiligen Beschaffungsbehörden der nationalen Streitkräfte unter Druck setzen. In den Regierungen denkt man auch an das Hickhack um Bestellung und Kauf des fliegenden Militärtransporters A400M. Da bekommt man eine Ahnung davon, wie kompliziert künftigen Großaufträge werden könnten, sollten künftig auch Briten und vielleicht gar Amerikaner mitsprechen. 40 Prozent seines Umsatzes macht BAE nämlich in den Staaten. Die Gewerkschaft IG Metall immerhin geht nicht von einem Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland aus, hieß es gestern. Auch die französischen Gewerkschaften bei Airbus reagierten zurückhaltend positiv. Mitte Oktober soll sich klären, ob die Fusion möglich werden kann.

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