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Wirtschaft: Editorial: George W. Bush ist ganz anders

Die Europareise des US-Präsidenten George W. Bush brachte viel Gerede über das gespaltene Verhältnis zwischen den USA und dem Kontinent.

Die Europareise des US-Präsidenten George W. Bush brachte viel Gerede über das gespaltene Verhältnis zwischen den USA und dem Kontinent. Niemand sollte das ernst nehmen. Fehlinformationen und ideologische Animositäten sind Ursache für verzerrte Berichte über die angebliche Entzweiung. Tatsächlich aber hat Bush in Europa eine starke Unterstützung für seine Politik gefunden.

Die Theorie der tiefen Spaltung ist im Wesentlichen eine Erfindung der europäischen Presse. Schenkt man diversen europäischen Blättern Glauben, ist Bush der typische Cowboy, der sich nur für die drei großen "Bs" interessiert: Baseball, Bibel und Barbecues. Die amerikanische Presse steht dem allerdings in nichts nach. Für Vertreter der Presse gilt es als ausgemacht, dass Bush ein wenig herumgekommener, grober Klotz ist.

Die laute Kritik an Bushs ideologischer Gesinnung beruht auf den Leitlinien der US-Regierung: Todesstrafe, Abschied vom Klimaschutz und das Raketenabwehrsystem. Auf die Frage eines spanischen Reporters zur Todesstrafe antwortete Bush: "Sie entspricht dem Willen der Mehrheit meiner Landsleute. Die Demokratien in Europa spiegeln den Willen der Europäer wider. Das soll nicht heißen, wir könnten keine Freunde sein." Wie wahr.

Was das Scheitern des Kyoto-Protokolls zum Klimaschutz anbelangt, war es nicht Bush, der es für tot erklärt hat. Tot war das Abkommen schon unter Clinton, wo es nie ratifiziert worden wäre. Warum kommen die Trauernden vier Jahre zu spät zur Beerdigung? Und erinnern Sie sich: Nicht ein einziger EU-Mitgliedstaat hat das Abkommen ratifiziert. Erwähnenswert ist weiterhin, dass Bedenken bezüglich des US-Raketenabwehrsystems vorwiegend von Seiten der französischen und deutschen Regierung geäußert werden, beides Koalitionen der Linken und Grünen. Dem entgegen steht die neue konservative Mehrheit in Italien oder auch die spanische Regierung, die den USA die Genehmigung für eine weitere US-Militärbasis zusicherte.

Damit kommen wir zu der eigentlichen Spaltung, die nicht zwischen den USA und der EU klafft, sondern zwischen zwei politischen Philosophien: Bush vertritt eine konservative Politik, während elf von 14 EU-Mitgliedstaaten linke Regierungen haben. Aber Europa ist in sich uneins. Es gibt eine heftige Debatte über den Sozialismus, in welcher zunehmend Unterstützung für eine Marktliberalisierung aus den linken Hochburgen wie Dänemark, Schweden, Italien und Spanien kommt.

Wie sehr Bushs politische Leitlinien denen der konservativen Regierungen Europas ähneln, zeigte der herzliche Empfang in Spanien. Premierminister José Maria Aznar, einer der dynamischsten rechten Politiker Europas, betonte die Gemeinsamkeiten zwischen den USA und Spanien: "Wir sind eine offene Gesellschaft. Wir sind starke Befürworter der freien Marktwirtschaft und wir sind von der Wichtigkeit gemeinsamer Werte, wie der Familie, überzeugt."

Einigen linken Regierungen fehlt es immer noch an genug Toleranz für konträre Sichtweisen. Sie haben eine Menge Energie auf die Kritik an Irlands Wachstumspolitik verschwendet. Als Dänemarks Wähler die Frechheit besaßen, den Euro abzuwählen, wurden sie von den Franzosen als Europagegner beschimpft. Als Ergebnis dieser Intoleranz gegenüber politischer Vielfalt wurde Bush vergangene Woche von plakatschwingenden Demonstranten und skeptischen linken Delegierten begrüßt. Doch Schall und Rauch besagen nichts. Denn hinter den Kulissen gab es Millionen Europäer, die Bush genau so herzlich begrüßt haben wie Aznar in Spanien es vorgemacht hat.

Aus dem Wall Street Journal[übersetzt von Sv]

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