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Wirtschaft: Editorial: Warten auf eine echte Steuerreform

Noch vor Monatsende sollte klar sein, ob Präsident George W. Bushs berühmte Steuerreform konzipiert wurde, um die Wirtschaft oder doch eher die Politiker in Washington zu unterstützen.

Noch vor Monatsende sollte klar sein, ob Präsident George W. Bushs berühmte Steuerreform konzipiert wurde, um die Wirtschaft oder doch eher die Politiker in Washington zu unterstützen. Es gibt Gerüchte, ein Stab des Weißen Hauses ziehe einen politischen Siegeszug, den das so genannte "Steuersenkungsprogramm" nach sich ziehen könnte, der Wirtschaft vor. Das Weiße Haus tut diese Gerüchte allerdings als Quatsch ab.

Die US-Wirtschaft braucht neuen Antrieb, den Bushs Steuerreform bereitstellen könnte. Doch bisher ist das alles andere als sicher. Eine wirklich drastische und effektive Steuerreform würde einen Spitzensteuersatz von 33 Prozent möglichst sofort durchsetzen. Beschlossen hat der Kongress aber eine Reduzierung auf 35 Prozent. Es ist frustrierend für jeden in den USA und Europa, der an ernsthafter Steuerpolitik interessiert ist, dass er ansehen muss, wie zwei Unwahrheiten die jetzt verabschiedete Steuerreform prägen.

Die erste Unwahrheit betrifft die angeblichen "Kosten" der Steuersenkungen. Die tatsächlichen Kosten einer jeden Steuersenkung sind nicht: Ein Dollar weniger Einnahmen pro Dollar Steuererleichterung. Niedrigere Spitzensteuersätze heben wirtschaftliche Verzerrungen auf, sie bieten zusätzliche Anreize, und sie fördern so das Wachstum und steigern damit die Steuereinnahmen. In Washington basieren die Kalkulationen auf einer eher statistischen Gewinn- und Verlustrechnung, die mit der Vorstellung einhergeht, ein gekürzter Dollar sei ein verlorener Dollar.

Diese Unwahrheit wird von einer weiteren verschlimmert: der Mär von den prall gefüllten "Schatzkisten" der Sozialversicherung und Gesundheitsfürsorge. Beide Fonds fahren seit kurzem Überschüsse ein. Der Kongress hat zugesichert, die Finger von diesen Überschüssen zu lassen und sie in besagte Schatzkisten zu stecken. Tatsächlich aber gibt es keine solchen Schatzkisten. In Wahrheit werden die Überschüsse zur Tilgung der Staatsschulden eingesetzt. Im Gegenzug erhalten die Fonds Schuldscheine von der amerikanischen Bundesregierung, oder besser: vom Steuerzahler. Diese werden letztendlich wieder vom Steuerzahler abbezahlt, entweder in Form von zukünftig höheren Steuern oder von gekürzten Sozialleistungen. Das Versprechen gut gefüllter Schatzkisten ist nichts als ein leeres Versprechen.

Dem Kongress ist es gelungen, mit diesen Unwahrheiten über die Kosten der Steuerreform und die ökonomischen Folgen einer Entlastung der Steuerzahler, wochenlang eine stärkere Absenkung des Spitzensteuersatzes zu verhindern. Nur äußerst selten werden in der Finanzpolitik angekündigten Steuersenkungen rechtzeitig durchgesetzt, und in der Regel kommen sie zu spät. Aber in den Vereinigten Staaten ist die Steuerreform nun startbereit. Wir würden gerne glauben, dass diese Reform gemacht wurde, um der Wirtschaft zu neuem Schwung zu verhelfen. Es müsste freilich zugleich Hinweise darauf geben, dass das Weiße Haus oder die Republikaner sich für folgendes stark machen: Die sofortige Umsetzung von Bushs ursprünglichen Steuerplänen - insbesondere die deutliche Absenkung der Steuern für Spitzenverdiener, denen damit zusätzliche Anreize zur Schaffung neuer Arbeitsplätze gegeben würden. Eine Absenkung des Spitzensteuersatzes auf 35 Prozent ist aber nur dann hilfreich, wenn eine Senkung der Steuern auf Kapitalerträge damit verbunden ist. Das ist der Kern einer wachstumsorientierten Steuerreform. Und das ist es, worauf Bush immer gesetzt hat.

Aus The Wall Street Journal. Übersetzt, ge

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