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Wirtschaft: Editorials: Duisenberg auf dem richtigen Weg

Der Euro reagierte seltsam, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) in der vergangenen Woche den vielfachen Forderungen nach einer Senkung der Zinsen nicht nachgegeben hatte: Er festigte sich. Nun, jemand mit geringen Wirtschaftskenntnissen würde wahrscheinlich sagen, das sei nicht überraschend.

Der Euro reagierte seltsam, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) in der vergangenen Woche den vielfachen Forderungen nach einer Senkung der Zinsen nicht nachgegeben hatte: Er festigte sich. Nun, jemand mit geringen Wirtschaftskenntnissen würde wahrscheinlich sagen, das sei nicht überraschend. Die Zinssenkung durch die US-Notenbank um einen halben Prozentpunkt auf 4,5 Prozent am 19. April hatte der Refinanzierungsrate der EZB einen Vorsprung von 25 Basispunkten gegeben. Indem sie die Leitzinsen bei 4,75 Prozent beließ, hat die EZB bestätigt, dass es in naher Zukunft für die Banken teuer wird, kurzfristige Kredite in der Eurozone zu erhalten. Die vier aufeinanderfolgenden Zinssenkungen der amerikanischen Fed sollten mehr Dollars in Umlauf bringen. All das hätte den Euro langsamer teurer machen sollen.

Warum also hat die Presse in der vergangenen Woche geschrieben, dass die Reaktion des Euro zweifellos den Markt überraschen wird? Dahinter steckte der Gedanke, dass die EZB, die als einzige große Notenbank der Welt seit Jahresbeginn ihre Zinsen nicht gesenkt hat, eine Geldpolitik betreibt, die zu engstirnig ist, was die Unternehmen in der Eurozone belaste. Ergo würde der Euro weniger Investoren anziehen.

Dafür hat Wim Duisenberg die härteste Kritik erfahren: Nicht nur Spekulanten, auch die Finanzminister der Eurozone, der Weltwährungsfonds und die OECD meinten, die Leitzinsen seien zu hoch.

Es ist völlig offen, ob Duisenberg die Balance zwischen Geldangebot und Geldnachfrage richtig hält, was schließlich die wesentliche Aufgabe einer Zentralbank ist. Bemerkenswert ist, dass es vorrangiges Ziel der EZB ist, die Inflationsrate bei zwei Prozent zu halten und dass der europaweit harmonisierte Index für Verbraucherpreise bei 2,6 Prozent liegt, selbst wenn viele Experten erwarten, dass er im Laufe des Jahres sinken wird. Bemerkenswert ist auch, dass trotz der Zinssenkungen durch die Fed der Diskontsatz der Geschäftsbanken in der Eurozone immer noch unter denen in den USA liegt. Das sollte ein Zeichen dafür sein, dass der viel gescholtene Duisenberg auf keinen Fall noch mehr Euro in Umlauf bringen sollte.

Wenn die Nachfrage nach Kreditsicherheiten trotz der Schwierigkeiten auf der anderen Seite des Atlantiks zurückbleibt und das Kapital unvermindert aus Europa wegfließt, dann ist das nicht Duisenbergs Schuld. Die ist anderswo zu suchen, nämlich insbesondere bei den Regierungen der Mitgliedstaaten, deren Finanzminister am lautesten über Duisenberg schimpfen. Ihre mangelnde Bereitschaft, mit durchgreifenden Reformen zu beginnen, scheint ein besserer Adressat für Kritik zu sein.

Es ist Ironie des Schicksals, dass in der gleichen Woche, in der Duisenberg bei seiner Entscheidung blieb, die Leitzinsen unverändert zu lassen, die französische Arbeitsministerin Elisabeth Guigou eine Reihe von Maßnahmen bekanntgab, die den Kündigungsschutz für Arbeitnehmer ausbauen sollen. Das wird in Europa zu einem weiteren Kapitalabfluss führen. Das ist die gleiche Regierung, deren Finanzminister Laurent Fabius in der vergangenen Woche in kaum verhüllter Kritik an der EZB sagte: "Wir können auch sehen - wie verschiedene Mitglieder der EZB selbst sagen - dass der inflationäre Druck nachlässt. Es bleibt jedem selbst überlassen, daraus die Schlüsse zu ziehen."

Es ist jedenfalls klar, dass Duisenberg überzeugt ist von dem, was er tut. Sein Mantra betreffend Inflation und Leitzinsen war bisher "abwarten und Tee trinken". Statt vorschnell falsche Entscheidungen zu treffen, mag das der richtige Weg sein.

Aus dem Wall Street Journal. Übersetzt, ge

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