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Wirtschaft: Editorials: Prävention statt Patentverletzung

"Beschämt und erniedrigt - die Pharmakonzerne geben nach", so lautete am vergangenen Donnerstag die Schlagzeile der britischen Tageszeitung "Guardian". Die Entscheidung der 39 internationalen Pharmakonzerne, ihre Klage gegen die südafrikanische Regierung zurückzunehmen, wird als Sieg der Rechtschaffenheit gefeiert.

"Beschämt und erniedrigt - die Pharmakonzerne geben nach", so lautete am vergangenen Donnerstag die Schlagzeile der britischen Tageszeitung "Guardian". Die Entscheidung der 39 internationalen Pharmakonzerne, ihre Klage gegen die südafrikanische Regierung zurückzunehmen, wird als Sieg der Rechtschaffenheit gefeiert. Mit ihrer Klage hatten sich die Arzneimittelhersteller gegen ein südafrikanisches Gesetz aus dem Jahr 1997 gewehrt, das die Herstellung und den Import billiger Nachahmerprodukte (Generika) erlaubt. Millionen ausgezehrter Afrikaner haben sich also gegen die herzlosen, profitgierigen Unmenschen aus der Pharmaindustrie durchgesetzt.

Dennoch wird sich Südafrika am Ende vielleicht wünschen, es hätte verloren. Für die Arzneimittelhersteller hatte der Fall zunehmend zu einem Image-Verlust geführt. Wegen eines Gesetzes zu klagen, das von Nelson Mandela unterzeichnet wurde - nun, das ist wirklich uncool. Man darf einige Grundsätze nicht aus den Augen verlieren. Private Unternehmen sind keine Wohltätigkeitsorganisationen. Auch wenn die Aids-Aktivisten erst dann zufrieden sein werden, wenn von Flugzeugen aus Medikamente wie Flugblätter über Afrika abgeworfen werden. Das Geschäft des Geldverdienens - das ist es, was die Firmen am Leben erhält. Es ist pure Gefühlsduselei zu argumentieren, weil Menschenleben gefährdet seien, müssten Medikamente kostenlos oder nahezu kostenlos sein. Ohne Profit keine Konzerne. Und ohne Konzerne keine Medikamente. Man darf nicht vergessen: Ohne die großen Pharmakonzerne wäre manch ein Aids-Aktivist schon lange tot. Der Schutz geistigen Eigentums ist gerade in einem Bereich, in dem Nachahmungen sehr leicht sind, äußerst wichtig, um eine kontinuierliche Forschung zu gewährleisten. Die Nachahmung von Aids-Medikamenten ist billig, ihre Entwicklung dagegen sehr teuer. Ohne die Aussicht, am Ende den Lohn dafür zu erhalten, hätten die Konzerne keinen Grund, Milliarden von Dollar in Forschung und Entwicklung zu stecken.

Eine Aushöhlung des Patentrechts kann außerdem weitreichende Konsequenzen haben. Mark Groombridge vom Cato Institute hat es auf den Punkt gebracht: "Heute Aids - warum morgen nicht Herzkrankheiten und Krebs?" Und warum soll man eigentlich bei Medikamenten Halt machen? Wenn es unmoralisch ist, aus der Herstellung lebenswichtiger Produkte Profit zu schlagen, dann ist es auch unmoralisch, kommerziell Landwirtschaft zu betreiben. Pretoria gibt etwa 100 Dollar pro Kopf und Jahr für die Gesundheit aus. Selbst die günstigste nachgeahmte Aids-Therapie kostet 635 Dollar im Jahr. Jeder neunte Südafrikaner, also 4,5 Millionen Menschen, sind mit dem HI-Virus infiziert. Wenn man anfängt zu rechnen, dann kommt man schnell auf den Gedanken, dass die bizarren Ansichten des Präsidenten Thabo Mbeki, der unter anderem einen Zusammenhang zwischen HIV und Aids geleugnet hat, weniger der Unwissenheit als vielmehr finanzieller Not entsprangen. Die Wahrheit ist, dass die Behandlung der Patienten mit virushemmenden Präparaten nicht die Lösung für das Aids-Problem in Südafrika ist. Die Bevölkerung verfügt nur über eine geringe Schulbildung und traut den Wundermitteln aus dem Westen nicht. Sie neigt dazu, die Pillen entweder alle auf einmal zu nehmen oder auf der Straße zu verkaufen. Und angesichts der tiefen Abneigung der Südafrikaner, Kondome zu benutzen, ist das letzte, was die Region gebrauchen kann, ein Signal, dass es jetzt eine "Heilung" für Aids gibt. Im Moment ist eine Unze Prävention so viel wert wie ein Pfund Patentverletzung.

Den Dingen auf den Gr, gehen[die Welt auch aus]

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