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Wirtschaft: Eichel bricht den Schulden-Rekord

Rund 44 Milliarden Euro Neuverschuldung in diesem Jahr – auch Haushalt für 2005 enthält Risiken

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Ein Ende der übermäßig hohen Neuverschuldung des Bundes ist offenbar auch im kommenden Jahr nicht abzusehen. Während der noch bis November laufenden Beratungen des Bundestages zum Etat 2005 wollte die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, Anja Haiduk, keine Zusicherung dafür geben, dass Deutschland im nächsten Jahr die Stabilitätskriterien der Europäischen Union einhalten werde. „Versprechen wäre zu viel“, sagte sie dem Tagesspiegel, „aber ich teile die Zielsetzung“. Der Etatentwurf, den die Bundesregierung im Sommer verabschiedet hat, sieht für 2005 eine Neuverschuldung von 22,8 Milliarden Euro vor, enthält aber gleichzeitig milliardenschwere Risiken bei den Steuereinnahmen und den Sozialausgaben.

In diesem Jahr wird Finanzminister Hans Eichel (SPD) voraussichtlich 43,7 Milliarden Euro neue Kredite aufnehmen müssen. Das sieht der Nachtragshaushalt vor, den Eichel am Mittwoch im Kabinett vorlegte. Ursprünglich hatte der Finanzminister in diesem Jahr 29,3 Milliarden Euro neue Schulden geplant. Weil die Summe der Investitionen im Etat weit niedriger liegt als die Kreditsumme, erklärte Eichel auch im Nachtragsetat die „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“.

Die „ungewöhnlich lange fast dreijährige Stagnationsphase“ hinterlasse in diesem Jahr noch ihre Spuren im Bundeshaushalt, hieß es in der Erklärung des Finanzministeriums. Zudem sei gegenüber der jüngsten Steuerschätzung mit Steuerausfällen in Höhe von 13 Milliarden Euro zu rechnen. Hinzu kämen Mindereinnahmen beim Bundesbankgewinn sowie durch die Verschiebung der Arbeitsmarktreform „Hartz IV“ und die noch unbefriedigende Lage auf dem Arbeitsmarkt. Wie hoch die Neuverschuldung Ende des Jahres tatsächlich sein wird, hängt wesentlich vom Eingang der Steuern im letzten Quartal und von der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ab. Erst am Dienstag hatte die Bundesagentur für Arbeit prognostiziert, dass sie in diesem Winter mit einer Zahl von fünf Millionen Arbeitslosen rechnet.

Die Grünen-Finanzpolitikerin Christine Scheel verteidigt die Kreditaufnahme der Regierung. Es bleibe der Koalition „nichts anderes übrig, wenn man ehrlich ist“, sagte Scheel in der ARD. Für die Regierung existierten kaum Spielräume für Einsparungen. „Wir müssen nun aufpassen, dass wir uns nicht tot sparen“, sagte sie. Die Opposition kritisierte den Nachtragshaushalt scharf. Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Dietrich Austermann (CDU), sagte, bei der Kreditaufnahme handele es sich um einen „Rekordwert“. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Glos, warf Eichel eine „nachhaltige Verletzung der Vorgaben des Grundgesetzes und des Europäischen Stabilitätspakts“ vor.

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