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Wirtschaft: Eichel und Tietmeyer nehmen Privatwirtschaft in die Pflicht

WASHINGTON (wie).Bei der Bewältigung weltweiter Krisen wie der in Asien oder Rußland muß sich der private Sektor in Zukunft wesentlich stärker als bisher engagieren.

WASHINGTON (wie).Bei der Bewältigung weltweiter Krisen wie der in Asien oder Rußland muß sich der private Sektor in Zukunft wesentlich stärker als bisher engagieren.Diese Auffassung vertraten Finanzminister Hans Eichel (SPD) und Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer am Montag vor Beginn des Treffens der sieben wichtigsten Industrieländer (G-7) in Washington."Wenn wir es nicht schaffen, den privaten Bereich miteinzubeziehen, strapazieren wir die öffentliche Hand zu sehr", warnte Tietmeyer am Rande der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank.Der IWF, die größte internationale Finanzorganisation mit 182 Mitgliedsländern, müsse sich wieder auf seine "katalysierende Funktion" zurückziehen.Es dürfe nicht dazu kommen, daß sich die Finanzmärkte "nur die Rosinen herauspicken", aber dann, wenn Länder in Schwierigkeiten geraten, nach der öffentlichen Hand rufen würden.Eichel unterstrich, daß die Weltgemeinschaft in Zukunft auch solchen Ländern nicht mit öffentlichen Geldern unter die Arme greifen dürfe, die allzu lange (wie Thailand) an "unrealistischen Wechselkursen" festhielten.Dies gebe internationalen Spekulanten nur "Angriffsflächen" und werde die Situation langfristig verschlimmern, sagte Eichel vor dem Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der USA, Japans, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, Kanadas und Deutschlands.Ebenso wie der Finanzminister stellte Tietmeyer für Deutschland für die zweite Jahreshälfte einen Aufschwung in Aussicht.Deutschland befinde sich derzeit in einer "Wachstumsdelle", sagte der Bundesbankpräsident.Es spreche aber "vieles für einen allmählichen Aufschwung in diesem Jahr".Bei den Exporten sei der Tiefstand erreicht; die Bauwirtschaft habe sich seit Monaten nicht weiter abgeschwächt; und der private Verbrauch werde aufgrund der Lohnentwicklung "eine gewisse Wirkung entfalten".Das größte Problem sei der derzeitige Vertrauensverlust.Wenn diese Hürde überwunden sei, werde auch das Wirtschaftswachstum neuen Schwung bekommen.Die Geldpolitik habe jedenfalls mit der jüngsten Zinssenkung durch die EZB "das ihre getan", sagte Tietmeyer.Mit Blick auf den schwächelnden Euro warnte der Bundesbankpräsident: "Wir haben eine neue Währung, die einen Vertrauensaufbau braucht, und wir müssen aufpassen, daß es nicht zu einem Vertrauensverlust" kommt - auch wenn dieser sich in den Wechselkursen zum US-Dollar angesichts der unterschiedlichen konkunkturellen Situation "angemessen" ausdrücke.

Eichel sagte mit Blick auf Rußland, daß Deutschland auf eine Einigung mit dem IWF und der Weltbank hoffe.Moskau könne nur so "seine Glaubwürdigkeit als Schuldner (zur Bedienung der Rückzahlung alter Kredite) behalten", sagte Eichel.Der Finanzminister räumte ein, daß die Ausschüttung weiterer Gelder "mit hohem Risiko" behaftet und als "Vorschuß der westlichen Gläubergemeinschaft" für eine demokratische Entwicklung in Rußland zu werten sei.

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