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Wirtschaft: Eichel will noch mehr privatisieren

Neue Sparpläne verärgern Koalition – Opposition kündigt Verfassungsklage an

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Finanzminister Hans Eichel (SPD) will im kommenden Jahr noch mehr Pensionsverpflichtungen von Post und Telekom verkaufen als ursprünglich geplant. Nach Informationen des Tagesspiegels aus Koalitionskreisen plant Eichel, 2005 dadurch sechs Milliarden Euro Einnahmen zu erzielen. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Ministeriums und der Haushaltsexperten von SPD und Grünen soll diese Pläne am Mittwoch verabschieden.

In seinem Sparpaket hatte der Minister vergangene Woche noch mit 5,5 Milliarden Euro Privatisierungseinnahmen durch den Post-Pensionsdeal gerechnet. Nachdem er allerdings noch vor dem Wochenende den Plan aufgeben musste, den 3. Oktober als arbeitsfreien Feiertag zu streichen, entstand ein weiteres Finanzierungsloch von 500 Millionen Euro für den Bund, das Eichel nun zu schließen hat.

In beiden Koalitionsfraktionen wurde am Dienstag deutlicher Unmut über die Details der Sparpläne des Finanzministers geäußert. Und zwar nicht nur über die umfangreichen Privatisierungsansätze, die den Bund in den kommenden Jahren dringend benötigte Einnahmen kosten werden. Auch der Plan Eichels, 2005 eine weitere Milliarde Euro als so genannte Globale Minderausgabe auf alle Ministerien zu verteilen, stieß auf Kritik bei Sozialdemokraten und Grünen. Denn Eichel zwingt mit diesem Schritt die Ressorts, das Geld im nächsten Jahr einzusparen. Allein das Forschungsministerium ist mit 87 Millionen Euro betroffen, Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) kostet dieser Schachzug des Finanzministers 244 Millionen Euro.

Dass die Koalitionshaushälter Eichels Sparpaket bei der Bereinigungssitzung zum Bundesetat, die am Donnerstag stattfindet, nicht zustimmen werden, ist allerdings wenig wahrscheinlich. „Zähneknirschend“ nehme man zur Kenntnis, dass es keine Alternativen gibt, hieß es. Denn nach wie vor sperre sich der unionsdominierte Bundesrat gegen einen Subventionsabbau.

Die Fraktionsspitze der Grünen startete am Donnerstag erneut den Versuch, die Union als eigentlichen Verursacher der Haushaltsprobleme hinzustellen. In einem gemeinsamen Brief an alle Landesverbände und Fraktionen schrieben die Fraktionsvorsitzenden Krista Sager und Katrin Göring-Eckardt am Dienstag, „Bund und Länder würden ohne die Blockade (der Union) heute finanziell wesentlich besser dastehen“. Seit 2003 habe der Bundesrat öffentliche Einsparungen von 22,9 Milliarden Euro verhindert.

Union und FDP im Bundestag kündigten derweil Verfassungsbeschwerde gegen den Haushalt 2004 des Bundes an. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Volker Kauder (CDU) sowie der FDP-Haushaltsexperte Andreas Pinkwart sagten am Dienstag, damit solle das Bewusstsein geschärft werden, „dass es so nicht weitergehen kann“. Finanzminister Eichel wies die Kritik zurück.

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