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Wirtschaft: Ein Beipackzettel für Kleinanleger

EU verordnet mehr Informationen beim Kauf von Finanzprodukten, aber noch keinen Tüv für Wertpapiere.

Brüssel - Wer zu Wochenbeginn Geld in einem Investitionsfonds hat anlegen wollen, dürfte bei seiner Bank etwas Neues kennengelernt haben. Seit dem 1. Juli müssen Anleger in einem zweiseitigen Dokument darüber informiert werden, wem genau sie ihr Geld überantwortet haben. Schon im Vorfeld des Inkrafttretens der entsprechenden EU-Richtlinie hatten viele Fondskunden Post im Briefkasten – das neue Key Investor Information Document, abgekürzt KID.

Die neuen Beipackzettel sind Kinder der Finanzkrise. Die horrenden Verluste kamen auch dadurch zustande, dass vor allem Kleinanlegern oft überhaupt nicht bewusst war, welches Produkt mit welchem Ausfallrisiko ihnen der Bank- oder Vermögensberater angedreht hatte – er verstand es wohl allzu oft selbst nicht. Beispiele dafür gibt es inzwischen viele: Zertifikate der US-Investmentbank Lehman waren nach deren Pleite 2008 nichts mehr wert; ähnlich erging es Anteilseignern der isländischen Kaupthing Bank.

Statt nur die Kunden besser zu informieren, sollten hochspekulative und riskante Papiere erst gar nicht zugelassen werden, fordert schon seit längerem der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber: „Wir brauchen einen EU-TÜV für Finanzprodukte“, der bei der Europäischen Wertpapierbehörde in Paris angesiedelt werden solle. Noch aber greift die EU-Kommission Ferbers Vorschlag nicht auf: „Das ist nicht Gegenstand des neuen Gesetzespakets“, hieß es jetzt in Brüssel.

Nun soll erst einmal die Informationspflicht gegenüber dem Kunden weiter ausgedehnt werden. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier legte am Dienstag einen Gesetzesvorschlag vor, der die KIDs nicht nur für Investitionsfonds, sondern auch für strukturierte Finanzprodukte verpflichtend macht. Die Finanzmärkte verstehen darunter die Kombination aus verschiedenen Anlagenformen, wobei stets ein Termingeschäft – also eine Zukunftswette – dazugehört. Zu den am weitesten verbreiteten Formen zählen Partizipationsscheine, Discountzertifikate oder Aktienanleihen. Der EU-Kommission zufolge hat dieser Anlagemarkt ein Jahresvolumen von rund zehn Billionen Euro. Direkte, nicht „verpackte“ Anlagen wie der Kauf von Aktien fallen nicht unter die neuen Regeln, erfordern also auch keinen Beipackzettel.

„Die beiden Seiten sollen die wichtigsten Informationen des Finanzprodukts enthalten“, sagt ein hoher Kommissionsarbeiter. Dazu zählen die Risikoklasse sowie die Gewinnmargen in der Vergangenheit. Christopher Ziedler

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