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Wirtschaft: Ein Dosenpfand für alle

Insellösungen bei Aldi und Co. sollen weg – Umweltminister aus Bayern und NRW wollen nachbessern

Berlin /Brüssel - Die vom Bundesrat mit knapper parteiübergreifender Mehrheit beschlossene Neuregelung des Dosenpfands muss nach Meinung der nordrhein-westfälischen Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) und ihres bayerischen Kollegen Werner Schnappauf (CSU) nachgebessert werden.

Die Kammer hatte sich am Freitag nämlich nicht darauf einigen können, Discounter zur Rücknahme sämtlicher Einwegflaschen zu verpflichten. Mit dem Weiterbestehen so genannter „Insellösungen“ böte Deutschland „eine offene Flanke gegenüber der EU“, warnte Schnappauf im Gespräch mit dem „Handelsblatt“: „Dieses Thema muss im Verordnungsverfahren noch angegangen werden.“ Auch Höhn forderte: „Das müssen wir versuchen, noch zu korrigieren.“

Damit liegt der Ball in der jahrelangen erbitterten Auseinandersetzung um die Verpackungsverordnung plötzlich im Feld der rot-grünen Bundesregierung. Nach mehreren Rückziehern hatte das CSU-regierte Bayern am Freitag die bisherige Blockadefront der Unions-Länder durchbrochen und einen Antrag in den Bundesrat eingebracht, der den Vorstellungen von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sehr nahe kommt.

Im Kern soll sich das Pfand künftig nicht mehr an der Mehrwegquote bestimmter Getränkesortimente, sondern an der ökologischen Verträglichkeit der Verpackung orientieren. Dafür votierten außer Rheinland-Pfalz sämtliche SPD-regierten Länder sowie die Unionsländer Bayern, Thüringen und Saarland.

Die in dem bayerischen Vorschlag vorgesehene Abschaffung der „Insellösungen“, bei denen Discounter nur eigene Flaschen zurücknehmen, scheiterte jedoch am Widerstand von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Die Bundesregierung hat nun drei Wochen Zeit, um den Verordnungsentwurf mit einer Stellungnahme dem Bundestag zuzuleiten. Nach der Verabschiedung im Parlament muss der Bundesrat – wahrscheinlich im Dezember– erneut entscheiden.

In der am Freitag verabschiedeten Form dürfte die Novelle laut Höhn den Anforderungen der EU-Kommission kaum genügen, die eine Benachteiligung ausländischer Anbieter bemängelt hatte. Nun müsse Trittin „die Kohlen aus dem Feuer holen“ und die Insellösungen beenden, sagte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. In Koalitionskreisen wird erwartet, dass sich das Kanzleramt bemüht, die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, Matthias Platzeck und Harald Ringstorff (beide SPD), zum Einlenken zu bewegen.

EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein will am heutigen Montag entscheiden, ob er am Mittwoch die seit Monaten angedrohte Klage gegen das Dosenpfand von der Kommission beschließen lässt. Zunächst wolle er den Bundesratsbeschluss prüfen, sagte ein Sprecher am Wochenende. Denkbar sei eine Verschiebung des Vertragsverletzungsverfahrens, das damit in die Hände des designierten EU-Industriekommissars Günter Verheugen geriete. Bolkestein scheidet Ende November aus der Kommission aus.

Die bereits 1991 von der damaligen CDU/FDP-Regierung geschaffene Verpackungsverordnung knüpft das Pfand von 25 oder 50 Cent an die Mehrwegquote einzelner Getränkesortimente. Bei Unterschreiten des Sollwerts wird das Pfand fällig – bislang bei Bier, Limonade und Mineralwasser in Einwegbehältern. Vom kommenden Frühjahr an wären aber auch Getränkekartons betroffen, obwohl diese als ökologisch vorteilhaft gelten. Die Bundesrats-Verordnung befreit Milch-Schlauchbeutel und Getränkekartons grundsätzlich. Ein Pfand von 25 Cent soll bei Bier, Mineralwasser, Erfrischungsgetränken und Alcopops erhoben werden. HB

Karl Doemens, Joachim Hoenig

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