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Wirtschaft: Ein Himmelbett in der Militärzone

In Bagdad wird ein Hotel für 85 Millionen US-Dollar gebaut – die erste große Investition nach dem Krieg

Von Jackie Spinner Nein, nein“, sagt Thair Feely und dementiert energisch Gerüchte, es solle im Zentrum Bagdads ein 5Sterne-Hotel entstehen. Dabei schüttelt der Präsident der irakischen Kommission für Investments den Kopf. Er macht eine Pause und dehnt die Worte in gestochenem Englisch: „Wir bauen ein Siebeneinhalb-Sterne-Hotel!“ Feely verlässt seinen breiten Schreibtisch aus Kirschbaum und geht in seinem prunkvollen Büro zu einem Computer. Er darf zwar Bilder von dem zukünftigen Hotel zeigen, aber sie nicht aushändigen. Schließlich müssen bei dem 23-geschössigen Hotel, die erste private Investition im Irak seit dem Krieg, Sicherheitsvorschriften beachtet werden.

In den Monaten nach dem Krieg im Frühling 2003 hatten viele ausländische Unternehmen neue Investitionen versprochen. Der Irak wurde als ein reiches und konsumorientiertes Land gesehen, das nach den mehr als zehn Jahren Sanktionen geradezu nach Waren und Dienstleistungen lechzte. Investoren, voller Eifer loszulegen, füllten Seminare und Konferenzen in den USA und Europa.

Doch als die Gewalt zunahm, erhielt die Realität Einzug im Nachkriegs-Irak. Harte Zeiten für Geschäftsleute aus dem Ausland. Allein in den Irak zu gehen, war ein Risiko, das viele Investoren nun nicht mehr eingehen wollten. Zumal es immer noch keine Gesetze gibt, die ausländische Investitionen überhaupt erlauben.

Feely sagt, man sei daher wieder darauf zurückgekommen, reiche Iraker zu werben. Hier gebe es weniger kulturelle Barrieren zu überwinden und irakische Investoren kapierten immerhin, dass das hier noch eine Weile keine „sichere Sache“ sei.

Nach zweieinhalb Jahren Diskussionen hatten die irakischen Investoren endlich etwas, über das sie konkret reden konnten – ein Hotel der Superlative. Die irakische Regierung stellt das Bauland, aber keine Geldmittel. Das 85 Millionen US-Dollar teure Gebäude wird von einem irakischen Geschäftsmann finanziert, dessen Identität Feely aus Sicherheitsgründen nicht preisgeben will. Es wird zwei Jahre dauern, bis das Hotel gebaut ist – im Herzen der grünen Militärzone inmitten von Zementbarrieren, ausländischen Truppen und einer Übergangsregierung.

Vielleicht ist das der Grund, warum das neue Hotel – den Computerbildern nach zu urteilen, ein extravagantes Ding mit Plüschteppichen und Himmelbetten – bei der irakischen Öffentlichkeit nicht so gut ankommt. Das Projekt, über das im Oktober alle Bagdader Zeitungen berichtet haben, ist seitdem das Thema in den Kaffeehäusern. Schließlich durften gewöhnliche Menschen in der Hauptstadt in den vergangenen Monaten keinen Fuß in die Grüne Zone setzen – und werden deshalb wohl auch in naher Zukunft die Marmor-Lobby des Hotels nicht betreten können.

„Das bedeutet, dass nur Ausländer und Regierungsbeamte das Hotel nutzen werden“, sagt der 56-jährige Ayad Ali Hussein, Besitzer des Gulf Hotels in Battaween in der Nähe von Bagdad. Der 41-jährige Saheb Abdul Sattar, der im Westen von Bagdad einen Laden hat, in dem er Autoteile verkauft, sagt, er sei empört, dass die Regierung das Land verschenkt und das Projekt überhaupt erlaubt habe, selbst wenn es von einem privaten Investor getragen werde. „Wer kann schon in die Grüne Zone gehen, um in einem solchen Hotel zu nächtigen“, sagt Sattar. „Wir wollen Projekte, die für alle Menschen da sind.“

Die meisten Hotels in Bagdad sind heruntergekommen und es fehlen ihnen ein paar Sterne. Ihr größtes Geschäft haben sie in den vergangenen Jahren mit Ausländern gemacht, vor allem mit Journalisten und Vertragspartnern der Regierung, die inflationäre Preise zahlten für trostlos ausgestattete Zimmer. Für Zimmer, deren Fenster mit Klebeband zusammengehalten werden, um vor Bombenexplosionen zu schützen. Das ist keine angemessene und vor allem keine sichere Unterkunft für Touristen.

Der 44-jährige Azad Ahmad, Professor für Hoch- und Tiefbau an der Technischen Universität in Bagdad, ist für das Hotelprojekt. Auch wenn er weiß, dass „die Tatsache, dass das Gebäude in der Grünen Zone liegt, es für viele Menschen unzugänglich macht.“

Die Texte wurden übersetzt und gekürzt von Tina Specht (Fiat), Svenja Weidenfeld (Bagdad), Matthias Petermann (Freihandel) und Christian Frobenius (US-Wirtschaft).

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