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Wirtschaft: Ein Lesebuch von Osama bin Laden

Die Bertelsmann AG will Schriften von Al Qaida veröffentlichen – aber darf sie damit Geld verdienen?

Von Jeffrey A. Trachtenberg Die amerikanische Verlagsgruppe Doubleday, die zu der deutschen Bertelsmann AG gehört, will von Al Qaida verfasste Texte als Buch herausgeben. Darin sollen die gesammelten Schriften von Aiman al Sawahiri – der Nummer zwei der Terrororganisation – gedruckt werden sowie einige Werke, die Osama bin Laden selbst zugeschrieben werden. Jetzt wird in den USA darüber gestritten, ob es überhaupt zulässig ist, mit Hassschriften Profit zu machen. Schließlich bestehe die Gefahr, so die Kritiker, dass durch das Buch – das wahrscheinlich den Titel „The alQaida Reader“ haben wird – die Ideologie der Terroristen propagiert wird.

Der „Al-Qaida Reader“ soll im kommenden Jahr veröffentlicht werden. Der heute 53-jährige al Sawahiri wurde in Ägypten geboren, ist studierter Mediziner und Gründer des Islamischen Dschihad in Ägypten. Nach der Website des FBI soll er für mehrere Bombenanschläge auf amerikanische Botschaften im Jahre 1998 verantwortlich sein. Die US-Regierung hat für Hinweise, die zu seiner Festnahme führen, eine Belohnung von 25 Millionen US-Dollar (19,2 Millionen Euro) ausgesetzt. „Wir glauben fest daran, dass wir Amerika einen großen Dienst erweisen, indem wir die geheimen Gedanken unseres größten Feindes veröffentlichen“, sagte Stephen Rubin, Präsident und Verleger von Doubleday. Ihm sei klar gewesen, dass das Projekt viele Reaktionen auslösen würde, „aber unser vorrangigstes Ziel ist, das Material einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen“.

In dem Buch werden unter anderem eine Schrift von Osama bin Laden stehen, die in Ägypten von der „Internationalen Dschihad-Presse“ veröffentlicht wurde, sowie ein Werk von al Sawahiri, das in Jordanien erschienen ist. Außerdem enthält der „Al-Qaida Reader“ Texte, die in der arabischen Presse veröffentlicht wurden sowie Kommuniqués und Interviews.

Einiges Material sei zuerst von Raymond Ibrahim, Experte für Nahoststudien an der Bibliothek des US-Kongresses, entdeckt worden, erklärt Suzanne Herz, eine Sprecherin von Doubleday. Ibrahim habe daraufhin einen Professor kontaktiert, der die Schriften an den New Yorker Literaturagenten Glen Hartley von der Writers Representatives LLC gesandt habe. Und der habe das Material schließlich an Doubleday verkauft. Die Verlagssprecherin sagt, dass Ibrahim, der den Text übersetzt hat, auch das Copyright daran habe. Der Verlag legt Wert darauf, dass im Zusammenhang mit dem Buch nur in den USA Urheberrechte entstanden sind. Der ägyptische Verleger sei offenbar weder urheberrechtlich registriert, noch habe seine Anschrift ermittelt werden können, fügt sie hinzu.

Peter Osnos, Leiter der Abteilung für öffentliche Angelegenheiten beim Verlag Perseus Books, meint allerdings, ein Medienkonzern dürfe aus einem solchen Projekt keinen Profit schlagen. „Zunächst einmal muss man sich doch vergewissern, ob die Quellen glaubwürdig sind“, sagt Osnos. Außerdem gehe es nicht um die Veröffentlichung selbst, sondern vielmehr um die Tantiemen. Er verstehe zwar, so Osnos, dass Agent und Übersetzer Geld für ihre Arbeit bekommen müssten. Doch es könne nicht sein, dass Doubleday möglicherweise mit dem Buch satte Gewinne machen wird. „Die entscheidende Frage ist: Wenn Gewinn gemacht wird, wohin fließt er?“, sagt er. Suzanne Herz von Doubleday sagt, über die Frage nach dem Profit werde man sich zu einem späteren Zeitpunkt Gedanken machen.

Ob aus Büchern, in denen Hass gepredigt wird, Profit geschlagen werden darf, ist ein heikles Thema. Die US-amerikanische Houghton Mifflin Co. jedenfalls, die Hitlers „Mein Kampf“ verlegt, zahlt den Gewinn in einen Fonds. Der unterstützt Organisationen, die gegen nationalsozialistisches und rassistisches Gedankengut kämpfen. Collin Earnst, Sprecher von Houghton, sagt, es gebe manchmal Anfragen, ob es überhaupt richtig sei, „Mein Kampf“ herauszubringen. „Aber noch nie hat jemand gesagt, wir seien deshalb ein schrecklicher Verlag“, so Earnst.

Die Texte wurden übersetzt und gekürzt von Tina Specht (PCs im Pentagon), Svenja Weidenfeld (Al Qaida), Matthias Petermann (Russland und Technische Wunder) und Christian Frobenius (Don Quichote).

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