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Wirtschaft: Ein Prosit Schönschreiber

Berliner Bars und Clubs sind voll, auch den Kinos geht es besser Die Zeitungen benutzen immer seltener das Wort „Rezession“

Der FunFaktor ist ein robuster Konjunkturindikator – auch nach dem Ende der Spaßgesellschaft. Gemessen an der Zahl der Nachtschwärmer, Cocktailtrinker, Konzert-, Theater- oder Kinobesucher gibt das Vergnügungsbarometer ein Signal: Der Aufschwung kommt! Volle Bars und lange Schlangen vor den Clubs gehören für Berliner Szenegänger zum nächtlichen Alltag. Das wird auch 2003 so bleiben, glaubt der Hotel- und Gaststättenverband. „Heute in, morgen out – das gilt nur für einzelne Läden, nicht für die Szene insgesamt“, hat Vizepräsident Klaus-Dieter Richter beobachtet. Vielen Leuten um die 30 „ist egal, was der Cocktail kostet“. Hohe Preise schrecken auch Musikfreunde nicht mehr ab. „Wir haben noch nie so viele Konzertkarten für eine Saison verkauft wie Ende vergangenen Jahres“, sagt Klaus Peter Schulenberg, Vorstand des deutschen Ticket-Marktführers CTS Eventim. „Auslastung 87,4 Prozent“, meldet ebenfalls die Staatsoper Unter den Linden. Optimismus auch in der Kino-Branche: Während die Multiplexe unter Überkapazitäten leiden, feiert der Mittelstand ein Comeback. Es gebe seit langem wieder mehr Kleinkinos und neue Standorte, heißt es bei der Filmförderung. „Die Investitionsbereitschaft ist wieder da.“ Und: Die 2002 in den USA gefeierten Kinohits kommen in diesem Jahr nach Deutschland. Das könnte der Branche wieder mehr Aufmerksamkeit verschaffen. mot

Wenn man vom Teufel spricht, ist er nicht mehr weit, weiß der Volksmund. So ähnlich ist es mit der Konjunktur: Wenn alle von der Krise reden, geht es bergab – immerhin ist Wirtschaft Ludwig Erhard zufolge zu 50 Prozent Psychologie. Das machen sich die Konjunkturforscher zu Nutze und zählen, wie oft überregionale Zeitungen das Wort „Rezession“ in ihren Berichten schreiben. Ergebnis: zuletzt immer seltener. So hat zum Beispiel das Handelsblatt im letzten Quartal des Jahres 2001 genau 472 mal das schlimme Wort benutzt – damals stand es um die Unternehmen und den Arbeitsmarkt besonders schlimm. Seither aber geht der Trend bergab – zwischen September und Ende Dezember 2002 tauchte die „Rezession“ nur noch 189 mal in der Düsseldorfer Tageszeitung auf, haben die Statistiker der Hypo-Vereinsbank aus München herausgefunden. Ähnliches gilt für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ – auch dort greifen die Journalisten seltener zu der Krisen-Vokabel. „Das zeigt, dass wir derzeit von einer Rezession weit entfernt sind“, sagt Thomas Hueck, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft bei dem Kreditinstitut. Doch der Index hat auch Grenzen. „Mit dem R-Wort-Index kann man gut bestimmen, ab wann die Wirtschaft nicht mehr zu schrumpfen droht“, erklärt Hueck. „Wann der Aufschwung kommt und wie stark er wird, lässt sich dagegen nicht im Voraus feststellen.“ brö

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