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Auftreten wie ein Banker kann Mario Draghi schon. Schließlich war er bei Goldman Sachs und ist seit 2005 Präsident der italienischen Notenbank.

© dpa

Mario Draghi: Ein Römer gegen die Inflation

Im November wird Mario Draghi Präsident der Europäischen Zentralbank. Der als Sohn eines hochrangigen Zentralbankbeamten geborene Römer zählt zu den am besten vernetzten und einflussreichsten Finanzexperten der Welt.

Frankfurt am Main - Der neue Bundesbank-Präsident Jens Weidmann steht mit seinem Urteil bei weitem nicht alleine. Er schätze Mario Draghi und freue sich auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB). Im November ist es soweit, der 63-jährige Italiener wird der dritte Chef der europäischen Notenbank. Draghi wird den stabilitätsorientierten Kurs der EZB weiterführen und der Politik in der Staatsschuldenkrise klare Ansagen machen: Weitere Risiken wird die EZB nicht schultern. Dies hat der zurückhaltende Draghi dieser Tage im Europa-Parlament deutlich gemacht. Er zeigte sich voll auf Linie der Notenbank, warnte vor einer Umschuldung für Griechenland und den drohenden Konsequenzen und plädierte wie auch der noch amtierende EZB-Chef Jean-Claude Trichet und Bundesbanker Weidmann für eine „völlig freiwillige“ Beteiligung privater Gläubiger. Und er outete sich als entschlossener Kämpfer gegen die Inflation, wie sich das auch für einen Notenbanker gehört.

Allein seiner Herkunft wegen waren daran zunächst Zweifel laut geworden, als Draghi nach dem überraschenden Rückzieher von Ex-Bundesbankpräsident Axel Weber im Februar auf einmal zum Favoriten für den Chefposten im Eurotower aufstieg. Ausgerechnet ein Notenbanker aus einem Euro-Schuldenstaat und Chef einer Notenbank, die bis vor wenigen Jahren noch einen geldpolitisch eher lockeren Ruf genossen hatte, sollte die EZB führen? Solche Vorbehalte waren bei einem genaueren Blick auf die Vita des Italieners schnell zerstreut. Dabei gibt es bei Draghi nichts zu mäkeln.

Der am 3. September 1947 als Sohn eines hochrangigen Zentralbankbeamten geborene Römer zählt heute zu den am besten vernetzten und einflussreichsten Finanzexperten der Welt. „Super Mario“ rangiert einem britischen Fachblatt zufolge noch vor Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und Trichet. Der studierte und habilitierte Wirtschaftswissenschaftler lehrte in Florenz und Harvard, arbeitete für die Weltbank, kümmerte sich im Finanzministerium in Rom um die Sanierung der italienischen Staatsfinanzen, war Vize-Präsident bei der Investmentbank Goldman Sachs und leitet seit 2005 die italienische Zentralbank, der er, so sagen jedenfalls Beobachter, wieder ein ordentliches Ansehen verschafft hat.

Seitdem sitzt Draghi auch im Rat der EZB, wo über die Geldpolitik und über die Strategie in der Euro-Schuldenkrise entschieden wird. Zudem leitet er das wichtige, für die Regulierung der Finanzmärkte zuständige Forum Finanzstabilität bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel (BIZ). Nur seine Tätigkeit bei Goldman Sachs wird dem Italiener mitunter angelastet, weil die Investmentbank just zu dieser Zeit Athen geholfen habe, das eigene Defizit zu verschleiern. Draghi versichert, an solchen Geschäften nie beteiligt gewesen zu sein. Andere sehen seine Arbeit bei Goldman Sachs sogar als Vorzug: Damit habe Draghi Einblick in die Denkweise der Investmentbanker bekommen.

Seinem Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und Finanzminister Giulio Tremonti liest Draghi beharrlich die Leviten – was beide nicht animiert hat, Draghis Bewerbung um den Spitzenjob im Eurotower zu unterstützen. Er fordert von der italienischen Regierung Reformen und Schuldenabbau und lobt dabei die Fortschritte in Deutschland. „Wir alle müssen dem Beispiel Deutschlands folgen“, hat Draghi unlängst gesagt. Seine Kompetenz und seine Beharrlichkeit, seine ruhige, freundliche und zurückhaltende, in der Sache gleichwohl harte und direkte Art haben dem Römer viele Sympathien eingebracht. „Der Euro ist bei Draghi in guten Händen“, heißt es in Frankfurter Finanzkreisen.

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