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Wirtschaft: Ein Warnschuss

EDITORIALS In seinem Kampf, die deutsche Wirtschaft in Gang zu bringen, mag Gerhard Schröder vergangene Woche ein Gefecht gewonnen haben. Ansonsten sieht es aber eher danach aus, als würde er den Krieg verlieren.

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In seinem Kampf, die deutsche Wirtschaft in Gang zu bringen, mag Gerhard Schröder vergangene Woche ein Gefecht gewonnen haben. Ansonsten sieht es aber eher danach aus, als würde er den Krieg verlieren. Während er 28 von insgesamt 36 Stimmen seiner Parteiführung für sein ziemlich laues Wirtschaftreformpaket zusammenbrachte, verkündete der Chiphersteller Infineon, eines der größten deutschen Unternehmen, möglicherweise noch dieses Jahr über eine Verlegung des Konzerns in die Schweiz zu entscheiden.

Für InfineonChef Ulrich Schumacher geht es um Vorschläge seitens der Regierung, dass Verluste auf zukünftige Gewinne nur noch zu 50 Prozent steuerlich absetzbar sein sollten. Aus Deutschland abzuwandern, wäre auch eine Befreiung vom deutschen Mitbestimmungsrecht, das Unternehmen auferlegt, Mitarbeitervertretern eine Mitsprache bei Entscheidungen strategischer Unternehmensführung zu gewähren. Infineons Flucht wäre die bis dato spektakulärste und könnte durchaus eine ganze Flut von Abwanderungen nach sich ziehen. Vor gut einer Woche meldete die Unternehmensführung einen weiteren großen Verlust für das vergangene Jahr und deutete an, dieses Jahr weitere 900 Stellen zu streichen. Eine Konzernverlagerung würde Deutschland unmittelbar keine große Zahl an Arbeitsplätzen kosten, doch die Entscheidung würde die Fortdauer eines Trends markieren, der bei Infineon dazu geführt hat, dass die Hälfte der Fertigung bereits ins Ausland verlagert wurde, um Arbeitskosten zu sparen und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten.

Ironischerweise scheinen Schröders Sozialdemokraten zu glauben, das Problem bestünde darin, dass die vom Kanzler vorgeschlagenen Reformen für den Wohlfahrtsstaat und den Sozialvertrag zu radikal sind. Alle Anzeichen – nicht nur der von Infineon geworfene Fehdehandschuh, sondern auch das stetig zurückgehende Geschäftsvertrauen und die wenig rosigen Wachstumsvorhersagen – deuten das Gegenteil an. Nämlich dass Deutschland sehr viel mehr Hilfe braucht, sehr viel schneller. Eine Liberalisierung ist dringend erforderlich, um die Wirtschaft flott zu machen.

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