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Zwischen Golf und Passat. „Qoros 3 Sedan“ heißt das neue Modell schlicht. Es soll europäische Standards erfüllen, aber weniger als 20 000 Euro kosten. Foto: dpa

© dpa

Wirtschaft: Ein westliches Auto aus China

Die Marke Qoros kommt nach Europa – mit deutschem Management und deutschen Teilen.

Genf - Schlechter hätte das Timing wirklich nicht sein können. Europas Automarkt ist im Sinkflug. Ein Hersteller nach dem anderen fährt hohe Verluste ein. Ausgerechnet jetzt will eine frisch aus der Taufe gehobene chinesische Marke den europäischen Markt aufmischen. Qoros heißt das ambitionierte Projekt und dessen Vorstandschef Volker Steinwascher redet nicht um den heißen Brei herum: „Nein, das ist eigentlich nicht der richtige Zeitpunkt, um in Europa anzugreifen“, sagt er auf dem Genfer Autosalon, wo Qoros seine Premiere feierte.

Aber wann ist der schon? Rund sechs Jahre sind seit dem letzten gescheiterten chinesischen Versuch vergangen, auf dem Heimatkontinent des Automobils Fuß zu fassen. Die Rahmenbedingungen sind denkbar schlecht – aber dafür ist der Neuling ungleich besser aufgestellt als seine Vorgänger. Während deren Eroberungsträume schon in den ersten Crashtests zerschellten, setzt Qoros auf Design und Ingenieurskunst made in Europe. Der Sicherheitschef kommt von Volvo, der Designer von der BMW-Tochter Mini und Vorstandschef Steinwascher war zuvor Top-Manager im US-Geschäft von VW.

Noch dieses Jahr will Qoros die ersten Autos in Europa verkaufen. Zunächst in Osteuropa, wo einige Märkte noch zulegen. Spätestens 2015, wenn neben der Stufenheck-Limousine ein Kombi und ein SUV bereitstehen, soll es im westlichen Teil des Kontinents losgehen. Zwar wird das Brot- und Buttergeschäft weiter in China liegen, wo Qoros seine Fahrzeuge baut. Aber mindestens jeder zehnte Wagen soll nach Europa verschifft werden.

Damit wären die Autos eine Art Re-Import. Designt wurden sie vor allem in Deutschland, entwickelt in Österreich beim Zulieferer Magna. Hinter Qoros steht neben den Geldgebern Chery aus China und der Israel Cooperation nur ein eher kleines Team. Steinwascher selbst ist Fan des Outsourcings: Lieber lasse er seinen Zulieferern – darunter Größen wie Bosch oder Conti – freie Hand und baue dann aus den besten Komponenten ein Auto, als den Lieferanten zu enge Vorgaben zu machen. „Die können das einfach am besten.“ Produziert wird in China, wo die Lohnkosten niedrig sind. So ähnlich wie bei Laptops oder dem iPhone, das in den USA entwickelt, aber in Fernost zusammengebaut wird.

Lässt sich ein Modell ohne bekannte Marke auch erfolgreich verkaufen? Branchenexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch-Gladbach ist skeptisch. Schließlich sei ein Auto eine ganz andere Anschaffung, viel teurer als ein Computer und zum Teil für Jahre geplant.

Der Name Qoros, abgeleitet vom griechischen Khoros (Chor), muss erst mit viel Aufwand bekannt gemacht werden – aber vor allem als Marke von den Menschen akzeptiert werden. Und da haben die gescheiterten Vorgänger eine Menge Porzellan zerschlagen. Zumindest deren Fehler in puncto Sicherheit scheine Qoros nicht zu wiederholen, findet Bratzel. Auch sein Kollege Ferdinand Dudenhöffer nimmt an, dass man dank der namhaften Zulieferer nicht mit negativen Überraschungen bei der Qualität rechnen müsse.

Das alleine dürfte nicht ausreichen. Damit die Autos gekauft werden, müssen sie auf der Straße sichtbar sein. Rund ein Prozent Marktanteil sieht Bratzel als kritische Masse, damit das Abenteuer in Europa gelingen kann. Für die gesamte EU wären das mehr als 100 000 Wagen im Jahr. Dabei startet die Qoros-Fabrik in China mit einer Kapazität von nur 150 000 Autos, die aber auf mehr als das Doppelte aufgestockt werden kann. „Qoros braucht einen langen Atem“, sagt Bratzel.

Die deutsche Konkurrenz beobachtet den neuen Wettbewerber zwar interessiert, aber nicht ängstlich. „Uns war klar, dass die Chinesen eines nicht so fernen Tages in Europa angreifen werden“, sagt Matthias Wissmann, Chef des Branchenverbands VDA. Mittel- und langfristig seien sie durchaus ernst zu nehmen. „Ich nehme aber nicht an, dass das morgen oder übermorgen den europäischen Markt erschüttern wird.“ Wissmann geht davon aus, dass Qoros vor allem mit niedrigen Preisen auf Kundenfang gehen wird. In dem Segment seien die Koreaner von Hyundai und Kia die Hauptkonkurrenz.

Qoros-Vorstandschef Steinwascher leugnet zwar nicht den günstigen Einstiegspreis – das erste Modell soll spürbar unter 20 000 Euro kosten. Die Ambitionen liegen aber in einer anderen Preisklasse. Mit einer Billigmarke wie Dacia will Qoros nicht in einem Topf landen. Ob deutsches Design, ordentliche Technik und ein Touch-Display wie bei Smartphones reichen, wird sich zeigen. dpa

Max-Morten Borgmann

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