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Wirtschaft: Eine Einheit der Europawährung ist nun weniger wert als ein Dollar - aber das schadet uns nicht (Kommentar)

Alles Gesundbeten scheint nichts zu nützen. Die Experten schreiben dem Euro seit Wochen, sogar seit Monaten erhebliches Aufwärtspotential zu.

Alles Gesundbeten scheint nichts zu nützen. Die Experten schreiben dem Euro seit Wochen, sogar seit Monaten erhebliches Aufwärtspotential zu. Aber der hält sich einfach nicht an die Experten und rutscht offenbar immer weiter ab.

Seine Schwäche hält nicht nur an, sie wird noch größer. Die Devisenhändler kümmern sich nicht um das Gerede der Währungsexperten und Notenbanker: Sie kaufen Dollar und verkaufen Euro und drücken damit den Kurs der europäischen Währung noch weiter. "Marktübertreibung" rufen Währungsexperten und lehnen sich betont gelassen zurück.

Tatsächlich kann man den Rutsch des Euro unter die Schwelle von einem Dollar durchaus begründen. Da spielt an erster Stelle die Entwicklung in den Vereinigten Staaten eine Rolle: Die längst erwartete Abkühlung der Wirtschaft jenseits des Atlantik lässt auf sich warten. Im Gegenteil: Die US-Konjunktur erweist sich als überraschend robust, Bill Clinton konnte seine Rede an eine sehr zufriedene Nation halten.

Gleichzeitig hat die US-Notenbank weitere Zinserhöhungen angekündigt, Anfang Februar wird es soweit sein. In den Wochen danach wird wohl die Europäische Zentralbank nachziehen. Andererseits kommt die Wirtschaft in Euroland zwar auf Touren und Strukturreformen werden in Gang gesetzt, mittlerweile sogar in Deutschland. Aber dies wird zum einen von den Devisenhändlern nicht recht registriert, und natürlich hinkt die Euro-Konjunktur noch hinter der Entwicklung in den USA hinterher.

Dies alles bewirkt einen anhaltenden Zinsunterschied zugunsten des Dollar - und der wird von den Devisenhändlern genutzt. Auf der anderen Seite hat der vermeintlich schwache Euro erhebliche Vorteile - insbesondere für die Exportindustrie in Euroland. Alles, was sie derzeit in den Dollar-Raum exportieren, wird jetzt preiswerter und damit für Käufer dort attraktiver. Die deutschen Autohersteller etwa frohlocken über ihre verbesserten Aussichten in ihren US-Geschäften.

Insofern gibt der schwache Euro der Konjunktur in Euroland einen weiteren Schub. Und das ist höchst willkommen, vor allem für den Arbeitsmarkt. Zwar wird mit dem schwachen Euro auch das teurer, was die Europäer aus dem Dollar-Raum einführen - allen voran Rohöl - aber auch das hat nur begrenzt negative Impulse.

Die Inflationsrate wird leicht anziehen, die Liberalisierung und damit Verbilligung im Strom- oder Telekommunikationsmarkt bremst allerdings diesen negativen Effekt. Unter dem Strich gibt der nach außen schwache Euro derzeit wenig Anlass zur Sorge, Dramatisierungen sind nicht angebracht. Nach innen hat die europäische Währung in ihrem ersten Jahr - allem äußeren Anschein zum Trotz - für erstaunliche Stabilität gesorgt. Und stabile Preise in ganz Euroland sind das Hauptziel der neuen Währung.

Und die Basis für solides Wachstum. Dies honorieren im Übrigen auch internationale Anleger: Schon im ersten Jahr ist der Euro nach dem Dollar zur weltweit zweitwichtigsten Anlagewährung aufgestiegen. Otto Normalverbraucher muss sich keine Gedanken machen, der Euro ist ein würdiger Nachfolger der DM: Der Urlaub in den USA oder in Ländern, wo Dollar verlangt werden, allerdings ist in diesem Jahr deutlich teurer. Aber dies sollte zu verkraften sein.

Der Euro ist unter ein magisches Datum gesunken. Aber Magie ist nicht die Kunst, die die Weltwirtschaft beherrscht.

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