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Wirtschaft: Eine Milliarde Euro zu Weihnachten

Einzelhandel rechnet für das Jahresende mit mehr Umsatz – weil es keine Rabattschlachten geben soll

Berlin - Das Jahr 2004 ist für den Einzelhandel kein gutes Jahr – bisher jedenfalls. Denn in den ersten acht Monaten verkaufte die Branche nominal 1,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Jetzt hofft der Handel auf das Weihnachtsgeschäft. Der Umsatz in den beiden letzten Jahresmonaten soll die Branche rausreißen und größere Einbußen verhindern. „Wir wollen in den Monaten November und Dezember insgesamt eine Milliarde Euro mehr erlösen als vor einem Jahr“, sagte der Präsident des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels, Hermann Franzen, am Dienstag in Berlin. Für das Gesamtjahr 2004 rechnet Franzen mit einem Umsatzminus von 0,5 Prozent.

Dass das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr besser laufen könnte als im Vorjahr hat vor allem einen Grund: Sowohl im November als auch Dezember gibt es einen Verkaufstag mehr als 2003. Ein Wachstum, dass vornehmlich auf kalendarischen Effekten beruht, reicht aber nicht, um wirkliche Zuversicht aufkommen zu lassen. HDE-Präsident Franzen versucht es dennoch und verkündet, dass in diesem Jahr die für den Einzelhandel „wirklich schmerzhaften Rabattschlachten“ ausbleiben werden. „Der Handel hat gelernt, dass Rabatte nicht die Zukunft sind“, so Franzen. Im vergangenen Jahr jedenfalls hat die Branche das noch anders gesehen. Mit Preisschlachten und Sonderangeboten wollte sie ihre Weihnachtsumsätze steigern. Funktioniert hat das nicht: Die Umsätze gingen zurück und vermiesten die Bilanz für das Gesamtjahr. 2003 wurden im Einzelhandel 50000 Arbeitsplätze abgebaut, 4500 Betriebe mussten Insolvenz anmelden und der Gesamtumsatz sank um 0,8 Prozent auf 372 Milliarden Euro.

In diesem Jahr will die Branche 370 Milliarden Euro Umsatz schaffen – das wäre dann das dritte Jahr in Folge, das der deutsche Einzelhandel mit einem Minus abschließt. „Eine Trendwende ist das nicht“, sagte Franzen. Denn auch in diesem Jahr fürchtet der Einzelhandel wieder rund 4000 Insolvenzen und den Verlust von 35000 Stellen. Für 2005 wollte Franzen keine Prognose abgeben. Damit es aber wieder vorangehen könne, sei „für den gesamten Einzelhandel die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche“ erforderlich, sagte Franzen. „Während des Weihnachtsgeschäfts wäre es sogar sinnvoll, die Wochenarbeitszeit vorübergehend auf 45 Stunden zu erhöhen“, so Franzen weiter. Mehrarbeit sei ohnehin für die Beschäftigten besser zu verkraften als Lohnkürzungen, sagte Franzen mit Blick auf die Einigung bei Karstadt-Quelle. Dort hatte Verdi längere Arbeitszeiten im Rahmen des Sanierungsprogramms für den Konzern verhindert, dafür aber für die nächsten drei Jahre auf tarifliche Lohnerhöhungen verzichtet. „Jede Lohnkürzung dämpft den Konsum“, warnte Franzen.

Für die schwierige Lage des Einzelhandels macht die Branche aber auch die Politik verantwortlich. Die Verbraucher seien durch die Hartz-Reformen und die Debatten über Steuererhöhungen verunsichert und würden daher ihr Geld zusammenhalten. „Ich habe manchmal das Gefühl, in Deutschland gibt es inzwischen 365 Spartage“, sagte der HDE-Präsident. Zwar klinge die Verunsicherung, die durch die Hartz-Reformen ausgelöst worden sei, langsam ab. Allerdings würden im kommenden Jahr neue Belastungen wie etwa höhere Zuzahlungen für den Zahnersatz auf die Verbraucher zukommen. „Die Löhne werden kaum steigen und die konjunkturelle Entwicklung wird zu schwach sein, um positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu haben“, glaubt Franzen. Der Präsident gibt seiner Branche also nicht viel Anlass zur Hoffnung.

Dagmar Rosenfeld

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